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       # taz.de -- Wie die Piratenpartei ihre Kasse füllen will: Piraten suchen den Geldschatz
       
       > 2013 will die Piratenpartei in den Bundestag. Doch Wahlkampf ist teuer.
       > Mit Crowdfunding und Feuerzeugen kämpfen die Piraten gegen Geldmangel.
       
   IMG Bild: Die Lösung der Geldprobleme der Piraten: Ein Schatz. Denn, dass Merchandising die Lösung für das Geldproblem ist, glauben viele nicht so recht.
       
       BERLIN taz | Die Idee ist simpel: Wer Geld braucht, geht sammeln. Doch die
       Piraten wären nicht die Piraten, wenn sie einfach eine Spendendose
       herumreichten. Sie sammeln im Internet. Crowdfunding nennt sich das, was
       bei der Finanzierung von Musik-CDs oder Filmen mitunter schon gut
       funktioniert: Jeder gibt seinen Obulus, wenn die anderen auch etwas geben.
       Und blitzschnell kommt so eine nennenswerte Summe zusammen.
       
       Im kleinerem Rahmen gab es solche Sammelaktionen bei den Piraten schon.
       Jetzt soll eine zentrale Crowdfunding-Plattform eingerichtet werden. Der
       politische Geschäftsführer Johannes Ponader forciert den Plan. Sein Kollege
       aus dem Bundesvorstand, Matthias Schrade, macht sich gerade schlau, wie das
       technisch machbar ist. „Eine solche Plattform vereinfacht die
       Spendenabwicklung enorm“, sagt Schrade.
       
       Geld hat die Piratenpartei in jedem Fall nötig. Ihre Wachstumsschmerzen
       werden oft bei Finanzfragen deutlich, die Frage, ob Vorstände bezahlt
       werden sollen, ist ein Dauerstreitthema. Und in den Umfragen sind die
       Piraten auf 6 und 7 Prozent abgesackt. Die Partei muss um den Einzug in den
       Bundestag im kommenden Jahr kämpfen.
       
       Bis zum Bundesparteitag im November soll eine Probeversion der
       Crowdfunding-Plattform stehen. „Wenn wir damit 200.000 bis 250.000 Euro im
       Jahr zusammenbekommen, wäre das für unsere Verhältnisse eine große Summe“,
       sagt Schrade. Geld, das auch für den Bundestagswahlkampf gebraucht wird.
       Mit einem Budget von einer Million Euro plant die Partei bisher. Damit
       werde man schon zurechtkommen, sagt Sebastian Nerz, stellvertretender
       Parteivorsitzender und Wahlkampfmanager. Ehrenamtliches Engagement und
       Ideenreichtum sollen Finanzierungslücken wettmachen. „Mit einer reinen
       Materialschlacht gewinnt man keine Wahl“, sagt Nerz.
       
       Die Piraten beauftragen keine teure Werbeagentur, sondern lassen per
       Twitter die besten Slogans auswählen. Sie gestalten und kleben die Plakate
       selbst. Gern verweisen sie auf den Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl in
       Berlin vor einem Jahr: 35.000 Euro Budget hatten sie da, nur ein Bruchteil
       von dem, was der Konkurrenz zur Verfügung stand. Und trotzdem waren sie
       präsent und schafften den Einzug ins Parlament mit 8,9 Prozent der Stimmen.
       
       ## Berlin ist nicht Bayern
       
       Den Verweis auf Berlin hält Aleks Lessmann für problematisch. Er ist
       politischer Geschäftsführer der bayerischen Piratenpartei, mit fast 7.000
       Mitgliedern der größte Landesverband. Lessmann sagt: Ein Stadtstaat sei
       doch etwas ganz anderes als ein Flächenland wie Bayern. „Wir müssen
       zusehen, dass wir auch auf dem Land präsent sind.“ Die Bayern-Piraten haben
       im kommenden Jahr auch noch einen Landtagswahlkampf zu meistern. „Wir
       werden insgesamt wohl 500.000 Euro brauchen“, sagt Lessmann. Und wo soll
       das Geld herkommen? „Ich habe keine Ahnung.“
       
       Dass die Piraten deutlich weniger Geld haben als andere Parteien, hat
       mehrere Gründe. Zum einen liegt es daran, dass für die Berechnung der
       staatlichen Parteienfinanzierung an die Bundespartei neben den
       Landtagswahlergebnissen die Ergebnisse der Europa- und der Bundestagswahl
       2009 maßgeblich sind. Da erreichen die Piraten lediglich 0,9 bzw. 2 Prozent
       der Stimmen. Ein besseres Wahlergebnis würde den Piraten momentan aber gar
       nichts nützen. Denn bei der Parteienfinanzierung ist eine „relative
       Obergrenze“ eingezogen. Eine Partei bekommt nur so viel Geld vom Staat, wie
       sie selbst einwirbt, etwa durch Beiträge und Spenden. Da die Piraten im
       Bezugsjahr 2010 nicht genügend Einnahmen hatten, fließt Geld, das ihr
       eigentlich zusteht, an die anderen Parteien. 
       
       Dass die Piraten wenig Geld haben, liegt auch an der fehlenden
       Zahlungsmoral der inzwischen mehr als 33.000 Mitglieder. Bundesweit zahlen
       nur rund 60 Prozent ihren Beitrag, die Werte schwanken stark, in Sachsen
       etwa sind es nur 36 Prozent. Die Quote steigt langsam, weil die meisten
       Landesverbände inzwischen zumindest Zahlungserinnerungen verschicken und
       seit Kurzem eine professionelle Buchhaltungssoftware eingesetzt wird.
       
       In einigen Ländern haben die Piraten mehr Geld zur Verfügung: Dort, wo sie
       bei den jüngsten Landtagswahlen ein gutes Ergebnis einfuhren. Das weckt
       Begehrlichkeiten. Der Appell des Bundesvorsitzenden Bernd Schlömer an die
       Abgeordneten, regelmäßig Geld an die Bundespartei zu überweisen, verhallte
       aber weitgehend ungehört. Die meisten spenden an die Partei, wollen sich
       aber nichts vorschreiben lassen.
       
       Deshalb setzte sich Schatzmeisterin Swanhild Goetze auch in die Nesseln,
       als sie vor einigen Wochen herumfantasierte, wie viel Geld mit einer
       Mandatsträgerabgabe hereinkommen könnte. Einen „freiwilligen
       verpflichtenden Beitrag“ hält Goetz aber nach wie vor für eine gute Idee.
       Der Vorteil liege darin, „dass ich diese Spendenzusagen in meinem Budget
       berücksichtigen kann“. Etwa, um Mitarbeiter einzustellen. Bislang gibt es
       bei der Piratenpartei nur zwei bezahlte Stellen: die Leiterin der
       Bundesgeschäftsstelle und die Bundespressesprecherin.
       
       ## Werbeartikel als Geldquelle
       
       Bei einigen Landesverbänden stößt ein parteiinterner Länderfinanzausgleich
       auf große Sympathie. Sollte das Thema wie geplant auf dem Bundesparteitag
       im November besprochen werden, wird es aber heftige Debatten geben. Denn
       die reicheren Verbände wie NRW sind sehr zögerlich, was eine Umverteilung
       angeht.
       
       „Man muss aufpassen, dass das nicht in ein starres Konzept verfällt“, sagt
       die Parlamentarische Geschäftsführerin der Piratenfraktion NRW, Monika
       Pieper. Zinslose Kredite wollen die NRW-Piraten ihren Schwesterverbänden
       aber gewähren. Und sie setzen bei der Geldgewinnung auf eine ganze andere
       Idee: den Verkauf von T-Shirts und anderen Werbeartikeln. Die Piratenpartei
       sei schließlich eine Partei, deren Logo viele gern auf der Brust spazieren
       tragen dürften, sagt der Fraktionsvorsitzende Joachim Paul.
       
       Die Idee wird gerade von der Bundespartei umgesetzt. Noch im September
       sollen einzelne Orts- oder Landesverbände in einem Onlineshop Bestellungen
       aufgeben können, wie Schatzmeisterin Swanhild Goetze ankündigt. Ab Ende
       Oktober dann auch einzelne Fans. Die Partei verspricht sich davon zunächst
       bessere Einkaufspreise bei Feuerzeugen oder Einkaufswagenchips. Und dann
       auch mehr eigene Einnahmen. Nebeneffekt: Die staatliche
       Parteienfinanzierung würde in Zukunft vielleicht vollständig ausbezahlt.
       
       Dass Merchandising die Lösung für das Geldproblem der Piraten ist, glauben
       viele aber nicht so recht. Bundesvorstandsmitglied Matthias Schrade etwa
       kann sich nicht vorstellen, dass die Partei damit wahnsinnig viel Profit
       macht.
       
       2 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Erb
       
       ## TAGS
       
   DIR Piraten
       
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