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       # taz.de -- Solarfirmen ohne Öko-Umlage: Strom der Rabatte
       
       > Erstmals veröffentlicht: die Liste der über 700 Firmen, die vom Zuschlag
       > für erneuerbare Energien befreit sind. Die Verbraucher kostet das
       > Milliarden.
       
   IMG Bild: Die Bundesregierung gewährt 734 Unternehmen Rabatte bis zu 100 Prozent auf die Ökostrom-Umlage.
       
       BERLIN taz | Müssen Brauereien und Tierfutterhersteller mit
       subventionierten Strompreisen vor ausländischen Mitbewerbern geschützt
       werden? Die Bundesregierung glaubt das. Sie gewährt 734 Unternehmen Rabatte
       bis zu 100 Prozent auf die Ökostrom-Umlage. Darunter Firmen wie Bitburger
       und die Deutsche Tiernahrung Cremer.
       
       Der taz liegt die Liste aller Unternehmen vor, denen das Bundesamt für
       Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) für 2012 Anträge auf die sogenannte
       besondere Ausgleichsregelung gewährt hat. Mit dieser Ausnahme im Gesetz für
       Erneuerbare Energien (EEG) erlässt der Staat begünstigten Firmen
       Stromkosten in Höhe von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr.
       
       Bezahlen müssen das Private und kleinere Firmen. Nach Angaben der
       Bundesnetzagentur könnte die Ökostrom-Umlage von rund 3,6 auf 3 Cent pro
       Kilowattstunde sinken, falls die Rabatte für die Industrie wegfielen. Ein
       Durchschnittshaushalt würde dadurch 20 Euro im Jahr sparen, ein Argument
       der Gegner der Erneuerbaren – das EEG sei zu teuer – deutlich abgeschwächt.
       
       Das Umweltministerium begründet die Rabatte auf die Ökostrom-Umlage mit dem
       Ziel, „die internationale Wettbewerbsfähigkeit der begünstigten Unternehmen
       zu erhalten“. Tatsächlich müssen Industrieunternehmen jedoch nur
       nachweisen, wie hoch ihre Stromkosten im Vergleich zu ihrer Wertschöpfung
       sind. Die Grünen halten den Rabatt deshalb für unsinnig.
       
       „Ausnahmen müssen wieder echte Ausnahmen werden. Unternehmen sollten sie
       nur bekommen, wenn sie individuell und transparent nachweisen können, dass
       sie besonders energieintensiv sind und in intensivem internationalem
       Wettbewerb stehen“, sagt die Grünen-Abgeordnete Lisa Paus.
       
       Der Großteil des begünstigten Stromverbrauchs entfällt zwar auf
       international tätige Branchen wie Metallherstellung, Papier und Chemie.
       Doch etwa 20 Prozent der Nachlässe erhalten Schienenbahnen, das
       Ernährungsgewerbe, Energieversorger und „Sonstige“. Darunter sind
       Straßenbahnbetriebe von Bremen bis Freiburg, Getränkehersteller wie
       Himmelsberger Mineralbrunnen, Deutschlands größte Molkerei Deutsches
       Milchkontor – und sogar ein Dutzend Unternehmen aus der Grünstrom-Branche.
       
       Ausgerechnet der Photovoltaik-Riese Solarworld zahlt für den Strom, den er
       für die Produktion von Silizium-Scheiben (Wafer) in Sachsen benötigt, laut
       Bafa seit 2011 keine Ökostrom-Umlage mehr. Dabei fußt das Geschäftsmodell
       von Solarworld darauf, dass alle Verbraucher die Module mitfinanzieren.
       „Wenn wir diese Regelung nicht in Anspruch nähmen, würden wir unserem
       Unternehmen im ohnehin harten Wettbewerb schaden“, sagt ein
       Solarworld-Sprecher.
       
       Ähnliche Rabatte erhalten Firmen wie Centrosolar Glas, Biomasse-Kraftwerke,
       der Bioethanol-Produzent Verbio, Holzbrennstoff-Hersteller wie German
       Pellets und die Erneuerbare-Tochter des Versorgers Steag.
       
       30 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manuel Berkel
       
       ## TAGS
       
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR Prokon
       
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