URI: 
       # taz.de -- Merkel in China: Viele Unterschriften und doch Ärger
       
       > Beim Besuch von Kanzlerin Angela Merkel und sieben ihrer Minister in
       > Peking gab es jede Menge Harmonie. In einigen Punkten aber auch
       > erheblichen Unmut.
       
   IMG Bild: Auf ihrer Chinareise trifft Kanzlerin Angela Merkel den chinesischen Vize-Präsidenten Xi Jinping.
       
       BERLIN taz | Die Liste der Abkommen ist lang, die am Donnerstag bei den 2.
       deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Peking geschlossen worden:
       Bei Energie, Medizinwirtschaft und Biotechnologie wollen Chinas Führung und
       die Bundesregierung künftig noch enger zusammenarbeiten.
       
       Die Bildungsministerien beider Ländern planen für 2013 ein
       deutsch-chinesisches Sprachjahr. Bei der Elektromobilität gibt es künftig
       Kooperationen und überhaupt soll die Umweltpartnerschaft ausgebaut werden.
       Sehen lassen können sich auch die Milliardenabschlüsse der deutschen
       Wirtschaft: Verträge im Umfang von 4,8 Milliarden Euro haben Unternehmen im
       Beisein der Kanzlerin unterzeichnet.
       
       Was die Zahl der Unterschriften anbelangt, war Merkels China-Besuch bereits
       nach dem ersten Tag ein voller Erfolg. Insgesamt 15 Minister – sieben aus
       Deutschland, acht der Volksrepublik – haben sich am Donnerstag unter
       Leitung der Kanzlerin und ihres chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao in
       Peking getroffen. Wen sprach von einem „Geist der Kooperation“, Merkel
       würdigte die Gespräche als eine „sehr viel direktere und auch
       Schwierigkeiten überwindende Art und Weise der Kooperation“.
       
       Doch so harmonisch die Gespräche nach außen hin wirkten – ein paar heikle
       Themen kamen dann doch zur Sprache. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz
       mahnte Merkel mehr Freiheit für ausländische Journalisten an, nachdem sich
       im Vorfeld des Besuches 26 deutsche Korrespondenten über ihre zunehmend
       repressiven Arbeitsbedingungen in China beschwert hatten. Wen äußerte sich
       dazu nicht.
       
       ## Reformwillen ist nicht genug
       
       Chinas Premierminister wiederum machte keinen Hehl daraus, dass ihm der
       Reformwillen der Europäer bei der Bewältigung der Eurokrise zu langsam
       wachse. Er mache sich „persönlich ganz große Sorgen“, sagte er. Schon beim
       Schuldenschnitt für Griechenland hatte die Volksrepublik Verluste hinnehmen
       müssen. Deswegen halten sich die Chinesen derzeit auch mit dem Kauf
       italienischer und spanischer Staatsanleihen zurück.
       
       Merkels Hauptanliegen auf dieser Reise, mehr chinesische Hilfe bei der
       Eurokrise, kam die chinesische Führung daher auch nur bedingt nach. Es
       blieb bei ein paar vagen Zusagen.
       
       Abgewatscht wurde überraschend auch Umweltminister Peter Altmaier – aber
       gar nicht so sehr von der chinesischen Seite, sondern von der Kanzlerin.
       Altmaier hatte vorher noch angekündigt, den Solarstreit in Peking
       anzusprechen. Mehrere europäische Solarfirmen haben bei der EU-Kommission
       Klage gegen China eingereicht und werfen den chinesischen Herstellern vor,
       sie würden auf dem Weltmarkt Solarpaneelen unter dem Herstellungswert
       anbieten.
       
       Doch Merkel kündigte nun an, dass sie den Handelsstreit ohne
       Anti-Dumping-Klage lösen wolle. „Es wäre besser, dies in Gesprächen zu
       lösen.“ Wen pflichtete ihr bei. „Dies ist ein Vorbild für die Lösung von
       Handelsstreitigkeiten für die ganze Welt“, lobte er.
       
       Keine Fortschritte gab es bei dem in China stets brisanten Thema
       Menschenrechte. Merkel beteuerte zwar, sie habe das Thema angesprochen.
       Doch zu mehr als dem Satz, dass beide Seiten „die Bedeutung von
       Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte“ betonen und ihre
       „Bereitschaft zur Fortsetzung des Menschenrechtsdialogs“ bekräftigen,
       konnten sie sich in der gemeinsamen Erklärung nicht durchringen.
       
       30 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
       ## TAGS
       
   DIR China
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Milliardenvermögen für Parteidynastie: Chinas Premier hat reiche Verwandte
       
       Die Regierungszeit hat sich gelohnt: Die Familie von Chinas Premier Wen
       Jiabao soll ein Vermögen von 2,7 Milliarden Euro angehäuft haben. Sie sind
       keine Ausnahme.
       
   DIR Infrastrukturprojekte in China: Regierung zahlt zu
       
       Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich für chinesische Verhältnisse
       dramatisch. Premierminister Wen Jiabao will das ändern – genug Geld in der
       Staatskasse hat er.
       
   DIR EU prüft Dumping-Klage: Sonnenfinsternis in China
       
       Die EU-Kommission prüft nun die Dumping-Vorwürfe gegen chinesische
       Solarfirmen. Die Ermittlung wird sich über ein Jahr hinziehen.
       
   DIR Merkel in China: Warum so langsam, Angela?
       
       Die chinesische Führung hat Angela Merkels Euro-Politik als „richtig“
       bezeichnet. Dennoch sei schonungslos über die Krise und die Reaktionen der
       EU gesprochen worden.
       
   DIR Kommentar Merkel in China: Die große Chance
       
       Es ist richtig, dass die Bundeskanzlerin die Beziehungen mit China
       intensiviert hat. Sie sollte die Gelegenheit zum Menschenrechtsdialog
       nutzen.
       
   DIR Merkel in China: Hilfe in der Euro-Krise
       
       Mit 13 Abkommen hat der Besuch der Bundeskanzlerin und der chinesichen
       Regierung begonnen. Weitere Themen werden der Bürgerkrieg in Syrien und die
       Euro-Rettung sein.
       
   DIR Bundeskanzlerin Merkel besucht China: Exportweltmeister unter sich
       
       Merkels Reise zeigt die weltwirtschaftliche Bedeutung der Beziehungen
       Chinas und Deutschlands. Peking sieht die Kanzlerin bereits als „Frau
       Europa“.
       
   DIR Bundesregierung riskiert Handelskrieg: Sonnenbrand im Ministernacken
       
       Beim Staatsbesuch will Peter Altmaier Chinas Solarsubventionen anprangern.
       Europas Unternehmen werfen dem Land Dumping vor – mit schwachen Argumenten.