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       # taz.de -- Pornographie und Technik: „Den Ausbau des Netzes beschleunigt“
       
       > Ist Pornografie der heimliche Motor technologischer Entwicklungen?
       > Zumindest hätten Pornos sie beschleunigt, sagt Technologieforscher
       > Jonathan Coopersmith.
       
   IMG Bild: Pornopublikum: junge Männer mit relativ hohen Einkommen.
       
       taz.de: Pornografie war 40.000 Jahre lang eine wichtige Quelle für
       Kreativität und Innovation, schreibt der kanadische Journalist Patchen
       Barss in seinem aktuellen Buch „The Erotic Engine“. In jüngster Zeit habe
       die Pornografie die Entwicklung vieler Neuer Medien angetrieben. Stimmen
       Sie mit dieser These überein? 
       
       Jonathan Coopersmith: Die Pornografie hat es meiner Meinung nach oft
       geschafft, ihr Publikum für Neue Medien zu gewinnen. Ein Publikum, welches
       auch bereit ist, für Inhalte zu bezahlen. Aber wenige Technologieprodukte
       wurden ausschließlich der Pornografie wegen entwickelt. Vielmehr hat der
       Pornografiemarkt oft als Erster die neuen Technologien – wie in den 80er
       Jahren beispielsweise das VHS-System oder später das Internet – für sich zu
       nutzen gewusst.
       
       Ist es wahr, was Barss schreibt, dass wir ohne Pornografie keine
       Dienstleistungen wie Online-Banking, Google, Amazon, Skype oder Youtube
       haben würden? 
       
       Man kann sagen, dass die Pornografie den Ausbau des Internets wesentlich
       beschleunigt hat. Ist das pornografieinteressierte Publikum einmal für eine
       neue Technologie gewonnen, beginnt es sich mit dieser auseinanderzusetzen,
       eine Euphorie dafür zu entwickeln, auszuprobieren und schafft
       wirtschaftlich gesehen eine erste Nachfrage.
       
       Laut Barss werden Pornokonsumenten oft die besten Kunden innerhalb des
       neuen Mediums und begeistern sich für pornofreie Inhalte. Was meinen Sie
       dazu? 
       
       Die Pornokonsumenten, von denen wir sprechen sind, in der Vielzahl junge
       Männer im Alter zwischen 20 und 30 mit relativ hohen finanziellen
       Einkommen. Sie sind bereit mehr Geld für neue Erfahrungen auszugeben, die
       ihnen erlauben ihren gesellschaftlichen Status zu präsentieren und das
       Gefühl zu haben an etwas Exklusivem, nicht für jeden Zugänglichem
       teilzuhaben. Auf lange Sicht senken sie mit ihrer Nachfrage die Preise der
       neuen Produkte und diese werden für alle zugänglich und verlieren so ihre
       Exklusivität.
       
       Möchten sich die jungen Konsumenten dann nicht neuen, exklusiven Produkten
       zuwenden und setzen mit ihrer Nachfrage die Produzenten immer wieder neu
       unter Druck? 
       
       In stark umkämpften Märkten, wie dem der Technologiebranche, gibt es immer
       den Druck der ständigen Innovation. Aber auch den Druck sich von den
       Konkurrenten zu unterscheiden und gleichzeitig anbieten zu müssen, was auch
       die Konkurrenz anbietet. Natürlich sieht man auch immer wieder
       Nischenmärkte entstehen. Aber der eigentliche Druck, dem der
       Pornografiemarkt begegnet, ist der gleiche, mit dem auch andere Märkte in
       Zukunft zu kämpfen haben: Es geht dann auch um Urheberrechte. Wie kann eine
       Industrie zukünftig Informationen verkaufen, die andere umsonst
       weitergeben?
       
       Aktuell sei die Pornoindustrie besonders an der Technologie von Googles
       „Project Glass“ interessiert, munkelt man. Informationen sollen damit ohne
       die Benutzung der Hände, sondern nur durch die Stimme gesteuert werden
       können. Das nächste große Ding? 
       
       Ich denke für die Pornoindustrie würde sich eher der Markt der haptischen
       Technologie anbieten.
       
       Welche Technologie wird in zehn Jahren unseren Alltag beherrschen und
       welche Rolle wird die Pornografie dabei spielen? 
       
       Solange wie es neue Generationen junger Männer gibt, wird es Pornografie
       geben und Leute, die damit Geld verdienen möchten. Ein zukünftiges Ziel der
       Pornoindustrie wird die Verschmelzung von virtueller Realität und reiner
       Realität sein. Die Pornografie könnte zukünftig ein wichtiger Faktor sein,
       bei dem Versuch die Kluft zwischen Realität und Sehnsucht zu schließen.
       
       30 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Giuseppe Paletta
       
       ## TAGS
       
   DIR Pornografie
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