URI: 
       # taz.de -- Kommentar Sigmar Gabriel: Ein bisschen Kanzler gibt es nicht
       
       > „Ich werde nicht mehr 12 bis 16 Stunden am Tag verfügbar sein“, erklärt
       > Sigmar Gabriel. Damit geht er einer öffentlichen Demontage aus dem Weg.
       
       „Wenn Sie alles in die Karriere setzen, sitzen Sie am Ende des Lebens
       allein da. Das will ich nicht.“ Der das sagt, heißt Sigmar Gabriel. Er ist
       SPD-Vorsitzender und einer jener drei Spitzenpolitiker, die bei den
       Sozialdemokraten für die Bundestagswahl 2013 als Kanzlerkandidat zur
       Debatte stehen. Nun aber sieht es ganz so aus, als nähme sich [1][Sigmar
       Gabriel selbst aus dem Rennen].
       
       Dem Stern gegenüber sagt der 52-Jährige, er wolle sein weiteres Leben nicht
       mehr komplett der Politik unterordnen. Ab September, also nach dem Ende
       seiner Elternzeit mit Tochter Marie, wolle er kürzertreten. „Ich werde
       nicht mehr 12 bis 16 Stunden am Tag verfügbar und unterwegs sein. Das wird
       nicht mehr gehen“, erklärt Gabriel. Das klingt nach Rückzug.
       
       Wer nun meint, Sigmar Gabriel zeige Demut gegenüber dem Faktor Lebenszeit,
       liegt wohl falsch. Gabriel ist ein rustikaler Vollblutpolitiker, der den
       Kick, der den öffentlichen Resonenzraum braucht. Als Parteivorsitzender
       geht er in der Abteilung Attacke voll auf.
       
       Wären da nicht seine bescheidenen Umfragewerte bei der Frage, wer die SPD
       in den Bundestagswahlkampf führen soll – er, Steinmeier oder Steinbrück –,
       vielleicht würde er sich die Kandidatur sogar krallen. Stattdessen sagt er
       im Interview, dass im 21. Jahrhundert weniger um höhere Löhne als um
       Lebensqualität gekämpft werde. „Zeit ist für viele Menschen eine neue
       Währung.“
       
       Dass Sigmar Gabriel jetzt, noch vor dem Parteikonvent im November, den
       Rückwärtsgang einlegt, nützt ihm, der Partei und damit demjenigen, der es
       schließlich macht. Mit seiner Besinnung auf neue Werte geht Gabriel seiner
       öffentlichen Demontage aus dem Weg und feilt zugleich an seinem Image. Er
       nimmt aus dem Konflikt um die Führungsfrage die Schärfe. Und er sorgt
       dafür, dass sich das Personaltableau auf Peer Steinbrück oder Frank-Walter
       Steinmeier verengt.
       
       30 Aug 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /SPD-Chef-Gabriel-nach-der-Babypause/!100618/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Parteienforscher über die SPD: „Immer weniger begabte Leute“
       
       Die Sozialdemokraten schwächeln. Sie können nur Erfolg haben, wenn sie
       wieder glaubwürdig werden, sagt Parteienforscher Matthias Micus.
       
   DIR Sigmar Gabriel auf Teilzeit: Die CDU freut sich schon
       
       War Sigmar Gabriels Wunsch nach Teilzeit ein Rückzug von der
       Spitzenkandidatur? Die SPD glaubt nicht dran und die CDU will nun Taten
       sehen.
       
   DIR SPD-Chef Gabriel nach der Babypause: Kind statt Kanzler
       
       Nachdem er im April Vater geworden ist, deutet Sigmar Gabriel den Verzicht
       auf die SPD-Kanzlerkandidatur an. Wer antreten soll, bleibt vorerst offen.
       
   DIR Sigmar Gabriel hat geheiratet: Die Angetraute des Parteichefs
       
       Die Zahnärztin Anke Stadler trägt jetzt Sigmar Gabriels Namen. Unter
       Ausschluss der Öffentlichkeit wurde die Ehe geschlossen und ein Kind
       getauft.
       
   DIR Debatte Euro-Schuldenkrise: Große Worte, zahnlose Thesen
       
       Die Sozialdemokraten wagen nicht, sich in der Schuldenkrise allzu weit von
       Merkels Mutterschiff zu entfernen. Leider haben sie gute Gründe dafür.
       
   DIR Familiensplitting versus Ehegattensplitting: Eine Frage der Ehe
       
       Was ist gerechter: Ehegattensplitting oder Familiensplitting? Nichts von
       beidem, sagen Familienverbände. Sie fordern individuelle Besteuerung und
       mehr Kindergeld.
       
   DIR SPD debattiert über Spitzenkandidaten: Das Trio und die K-Frage
       
       Mit Frank-Walter Steimeier, Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück stehen der
       SPD für die Wahl 2013 drei mögliche Kanzlerkandidaten zur Verfügung. Die
       Partei ist uneins.