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       # taz.de -- Regierung will Rentenbeitrag senken: Viel Streit um acht Euro
       
       > Der Beitragssatz zur Rentenkasse wird sinken, hat die Bundesregierung
       > beschlossen. Doch selbst CDU-regierte Länder sind dagegen.
       
   IMG Bild: Dieser Mann wird ab Januar vermutlich weniger Rentenbeitrag zahlen.
       
       BERLIN taz | Das Kabinett hat am Mittwoch beschlossen, den Beitragssatz zur
       Rentenversicherung zu mindern. Die bis in CDU-Landesregierungen hinein
       umstrittene Maßnahme lässt den Satz von 19,6 Prozent auf voraussichtlich 19
       Prozent ab 2013 sinken. Der genaue Wert soll im Herbst bestimmt werden,
       wenn neue Zahlen zum Überschuss in der Rentenkasse vorliegen.
       
       Das Abschmelzen der sogenannten Nachhaltigkeitsrücklage in der gesetzlichen
       Rentenkasse ist per Gesetz vorgeschrieben, wenn das Polster das 1,5fache
       der Monatsausgaben von rund 17 Milliarden Euro übersteigt. Derzeit beträgt
       das Plus rund 30 Miliarden Euro.
       
       Doch der Kabinettsbeschluss ist umstritten: Zum einen wollte
       Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) das Gesetz in ihr
       Rentenreformpaket einbinden, um sich die Zustimmung der FDP zur
       umstrittenen Zuschussrente für Geringverdiener zu erkaufen. Damit ist sie
       gescheitert.
       
       Vor allem aber stellen Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften,
       Oppositionsparteien sowie Unionsvertreter in Landesregierungen das Gesetz
       zur Gänze in Frage: Sie wollen wegen der immer älter werdenden Gesellschaft
       eine höhere Reserve in der Rentenkasse vorhalten. Das sehen auch 80 Prozent
       aller Bundesbürger so, wie eine aktuelle Forsa-Umfrage zeigt.
       
       Dass der Beitragssatz in den kommenden Jahren wegen des demografischen
       Wandels wieder steigen muss, ist auch der Bundesregierung klar. Vorgegeben
       ist, den Satz bis 2030 auf 22 Prozent zu begrenzen. Gleichzeitig soll das
       Rentenniveau bis dahin von 53 auf 43 Prozent, gemessen am
       Durchschnittsverdienst abzüglich Sozialabgaben, sinken.
       
       Dagegen rechnet der DGB vor: Würde man den Beitragssatz schon ab 2014 jedes
       Jahr um 0,1 Prozentpunkte bis auf 22 Prozent anheben, statt später in
       größeren Sprüngen, wäre genug Geld in der Rentenkasse, um unter anderem das
       Rentenniveau bei 53 Prozent zu stabilisieren und die Erwerbsminderungsrente
       aufzubessern. Denn: „Bei einer Absenkung auf 43 Prozent werden künftig
       selbst Durchschnittsverdiener von Altersarmut betroffen sein“, so
       DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
       
       Das DGB-Modell würde für Durchschnittsverdiener mit 2.600 Euro Bruttolohn
       pro 0,1 Prozentpunkt jährlicher Beitragsanhebung Mehrausgaben von 2,60 Euro
       im Monat bedeuten. Sänke das Rentenniveau auf 43 Prozent, bekämen
       Neurentner ab 2030 hingegen 158 Euro Rente weniger, so der DGB. Die jetzt
       beschlossene Beitragssenkung bedeutet für Durchschnittsverdiener hingegen
       einen Gewinn von 7 bis 8 Euro im Monat.
       
       Von der Leyen verteidigte die Beitragssenkung am Mittwoch: „Der
       erwerbstätigen Generation bleibt mehr vom hart erarbeiteten Einkommen.“
       Doch in der Union formiert sich Widerstand. Laut Andreas Storm,
       CDU-Sozialminister der großen Koalition des Saarlandes, wollen 12 von 16
       Landesregierungen den Beitragssenkungen im Bundesrat nicht zustimmen. Damit
       würden sich alle 5 Landesregierungen mit großen Koalitionen gegen die
       Bundesregierung stellen und das Gesetz wohl verhindern.
       
       29 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Völpel
       
       ## TAGS
       
   DIR Bundestag
       
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