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       # taz.de -- Musikpiraten verlieren vor Gericht gegen Gema: Anonym singen gebührenpflichtig
       
       > Das Amtsgericht Frankfurt hat der Gema im Streit mit den Musikpiraten
       > Recht gegeben. Es geht um 68 Euro und die Frage, ob man anonym unter
       > freier Lizenz singen darf.
       
   IMG Bild: Keine freie Namenswahl: Musikpirat Hufgard mit dem umstrittenen Sampler.
       
       BERLIN taz | Wer seine Musik in Deutschland unter freier Lizenz
       veröffentlichen will, der darf nicht anonym auftreten, zumindest nicht
       gegenüber der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische
       Vervielfältigungsrechte (Gema). Das Amtsgericht Frankfurt gab dem
       Musikrechteverwerter in erster Instanz Recht und verurteilte den Verein
       Musikpiraten zu einer Zahlung von 68 Euro plus Zinsen.
       
       Diese hatten einen Musiksampler unter der freien Creative-Commons-Lizenz
       (CC) veröffentlicht, an dem mit „texasradiofish“ auch Künstler unter einem
       Pseudonym mitwirkten. Die Gema wollte deren Klarnamen erfahren, um
       eventuelle Ansprüche zu prüfen. Die Musikpiraten verweigerten dies, da die
       Interpreten auf dem Wunsch bestanden hatten, ihr Künstler- und Privatleben
       mit Hilfe des Pseudonyms zu trennen. Die [1][Gema reichte daraufhin Klage
       ein].
       
       Die Gema begrüßte nun das Urteil, sieht es aber nicht als Präzedenzfall.
       „Für uns handelt es sich lediglich um das Einfordern eines offenen
       Rechnungspostens. Wir streben kein Grundsatzurteil an“, sagte ein Sprecher.
       Die entstandenen Kosten sind der normale Gebührensatz, der auch fällig
       würde, wenn „texasradiofish“ Gema-gemeldet wäre.
       
       Doch den Musikpiraten geht es um mehr als 68 Euro und einen Sampler mit
       einer Auflage von 2.000 Stück. Der Verein will nach dem Urteil in jedem
       Fall in Berufung gehen um eine grundsätzliche Klarstellung zu erreichen. Es
       geht um die Frage, ob ein Künstler seine Werke der Allgemeinheit frei zur
       Verfügung stellen darf, ohne dabei seine Identität preiszugeben. Deshalb
       habe das Urteil einen gewissen Grundsatzcharakter und könnte auch als
       Präzedenzfall dienen.
       
       „Aus unserer Sicht ist dies ein klares Fehlurteil, das die Gültigkeit der
       CC-Lizenzen gefährden wird, sollte es Bestand haben. Das
       Urheberrechtsgesetz erlaubt eindeutig anonyme Veröffentlichungen“, sagte
       Christian Hufgard, Vorsitzender der Musikpiraten. Wenn diese unter
       CC-Lizenz getätigt werde, läge ein gültiger Vertrag des Urhebers mit der
       Allgemeinheit vor. „Dass sich die Gema hierüber hinwegsetzen darf, mutet
       sehr befremdlich an und ebenso, dass das Gericht diesen Vertrag nicht als
       Nachweis der Gema-freiheit anerkennt.“
       
       ## Neuer CC-Sampler mit „texasradiofish“
       
       In der Klageschrift würde die Gema ihre Forderungen mit dem Argument
       begründen, das gesamte Weltrepertoire an geschützter Unterhaltungs- und
       Tanzmusik zu vertreten. Dies bestreiten die Musikpiraten, es bestünden mit
       nicht einmal 70 Verwertungsgesellschaften weltweit Wahrnehmungsverträge.
       Der Song „Dragonfly“ von „texasradiofish“ war 2010 auf der Plattform
       ccmixter.org veröffentlicht worden. Diese bietet Musikstücke von Künstlern
       an, die explizit keine Verwertungsrechte an die Gema abgetreten haben.
       
       „Die Begründung der Gema, sie keine Überprüfung vornehmen, ist nachweislich
       falsch. Bereits bei der Anmeldung können Urheber ein Pseudonym angeben.
       Wenn ein es nicht in der Datenbank der Gema gefunden werden kann, darf sie
       dafür auch kein Geld verlangen“, so Hufgard. Peter Hempel von der Gema hält
       dagegen: In Deutschland könne man sich natürlich auch mit Pseudonym
       registrieren. „International gibt es aber einfach keine andere Möglichkeit
       als den Klarnamen, um zu prüfen, ob ein Vertretungsanspruch für etwa
       Künstler aus Amerika besteht.“
       
       Bruno Kramm, Beauftragter für Urheberrecht der Piratenpartei Deutschland
       und Mitglied bei den Musikpiraten, äußerte sich enttäuscht über das Urteil:
       „Die Gema demonstriert damit nicht nur die rücksichtslose Praxis eines
       Kulturmonopolisten gegenüber der bewusst gewählten Anonymität von Urhebern,
       sondern auch Reformbedürftigkeit der Gema-Vermutung, die zu einer
       ungerechtfertigten Bereicherung der Gema führt.“
       
       Die so genannte Gema-Vermutung, welche mehrfach vom Bundesgerichtshof
       bestätigt wurde, gesteht dem Rechteverwerter eine grundsätzliche
       Wahrnehmungsbefugnis zu, womit die Beweispflicht umgekehrt wird und bei den
       Veranstaltern, in diesem Fall also bei den Musikpiraten, liegt.
       
       Hufgard gibt in diesem Zusammenhang zu, ein derartiges Urteil befürchtet zu
       haben. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Amtsgericht sich gegen mehrere
       BGH-Urteile auflehnt, ist doch eher gering gewesen.“ Ungeachtet des Urteils
       stellten die Musikpiraten ihren neuen CC-Sampler „Freedom & Free Beer“ vor,
       auf dem sich auch wieder „texasradiofish“ befindet. Neuer Streit dürfte
       damit sicher sein.
       
       28 Aug 2012
       
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