URI: 
       # taz.de -- Mauerpark: Zweifelhafte Streitkultur
       
       > Gegner der Bebauung rund um den Park weigern sich, eine Sitzung der
       > Bezirksverordneten nur per Lautsprecher zu verfolgen. Die wird daraufhin
       > vertagt.
       
   IMG Bild: Blühende Landschaften: der Mauerpark im Sommer 2012.
       
       Der Vorplatz des Rathauses Mitte macht im Laufe des Donnerstagabends eine
       interessante Wandlung durch. Eine Pferdekutsche, eine lustiger Mann im
       Bärenkostüm, Kinder mit Seifenblasen sowie friedliche Demonstranten tummeln
       sich gegen halb sechs auf dem Weg zur Tagung der Bezirksverordneten. Beim
       Verlassen des Gebäudes gut zweieinhalb Stunden später erwarten einen am
       gleichen Ort neun vollbesetzte Mannschaftswagen der Polizei.
       
       Eigentlich hätten die Bezirksverordneten an diesem Abend über das weitere
       Vorgehen beim Mauerpark abstimmen sollen. Dieser muss bis Ende des Jahres
       um mindestens zwei Hektar erweitert werden, weil sonst die Allianz
       Umweltstiftung die 2,3 Millionen Euro zurückhaben will, mit der sie in den
       90er Jahren die Anlage des aktuellen Parks finanziert hat. Das Bezirksamt
       Mitte legte im Juni einen Plan vor, wie das gelingen könnte. Dem sollte die
       Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Donnerstag zustimmen. Doch viele
       Bürger sind mit dieser Lösung nicht zufrieden, da sie in ihren Augen zu
       viel Bebauung am Mauerpark vorsieht. Hunderte sind deshalb mit
       Transparenten zur Sitzung gekommen.
       
       Der Tagungssaal ist für diesen Ansturm aber zu klein. Bis weit in den
       Vorraum drängelt sich die Menge, im Saal sitzen und stehen Demonstranten
       und Bezirksverordnete bunt gemischt. Unter diesen Umständen will
       BVV-Vorsteher Diethard Rauskolb (CDU) die Sitzung gar nicht erst beginnen.
       Da die Besucher sich weigern, der Sitzung via Tonübertragung vor der Tür zu
       folgen, unterbricht Rauskolb und ruft den Ältestenrat zur Beratung
       zusammen.
       
       Immer wieder ziehen sich die Mitglieder der BVV zurück, wobei den Gästen im
       Saal völlig unklar bleibt, was da eigentlich gerade passiert. Zwischendurch
       verkündet Rauskolb, er könne den Saal auch räumen lassen oder unter
       Ausschluss der Öffentlichkeit tagen. Die Demonstranten quittieren das mit
       Sprechchören wie „Wir bleiben alle“ und „Keine Bebauung“. Mehrmals droht
       die Stimmung zu kippen, etwa als sich herumspricht, dass ein größeres
       Polizeiaufgebot vor der Tür stehe. Auch Rauskolbs Hinweis, die BVV habe in
       den letzten Tagen Drohbriefe erhalten, aufgrund derer die Polizei vor der
       Sitzung den Saal sicherheitshalber durchsucht habe, sorgt für Unruhe.
       
       Nur Carsten Spallek (CDU), Stadtrat für Stadtentwicklung in Mitte und
       federführend bei dem umstrittenen Beschluss zum Mauerpark, weiß die
       Situation für sich zu nutzen. Während seine Kollegen in Hinterzimmern
       verschwinden, diskutiert er mit den Demonstranten über Vor- und Nachteile
       seines Erweiterungsplans.
       
       „Wir vertagen die Sitzung und bemühen uns um einen größeren Raum“, sagt
       Rauskolb nach über zweistündiger Beratung. Ein Teil der Demonstranten
       feiert das als großen Erfolg im Kampf gegen die Bebauung. Andere sowie ein
       Großteil der Bezirksverordneten finden den Verlauf des Abends
       problematisch. „Wer ein demokratisch gewähltes Parlament arbeitsunfähig
       macht, handelt seinerseits undemokratisch“, twittert die
       SPD-Bezirksverordnete Regina Schilf. Die Sitzung soll am 13. September
       nachgeholt werden.
       
       24 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juliane Wiedemeier
       
       ## TAGS
       
   DIR Mauerpark
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kuhhandel mit Grundstücken: Bürger fühlen sich verschaukelt
       
       Berlin will den Mauerpark-Deal hinter verschlossenen Türen besiegeln. Die
       taz veröffentlicht den Vertrag – der pikante Details enthält
       
   DIR Entscheidung über Mauerpark: Ein Park wird zugemauert
       
       Heute soll die BVV Mitte einen Beschluss abnicken. Er lässt auf Teilen der
       geplanten Mauerpark-Erweiterung dichte Bebauung zu - und schränkt die
       Beteiligung der Bürger ein.
       
   DIR Berliner Parks: Grün ist die Aussicht
       
       Berlin ist eine der grünsten Großstädte. Die Bürger haben sich schon früh
       dafür eingesetzt.
       
   DIR Wie Rot-Schwarz regiert: Alles wird platt gemacht
       
       Vor der großen Koalition, heißt es in der SPD, müsse sich in Berlin keiner
       fürchten. In Mitte aber beweist Rot-Schwarz das Gegenteil: SPD und CDU
       regieren knallhart durch.