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       # taz.de -- Kommentar Griechenland: Europa kann sich die Griechen leisten
       
       > Das griechische Versprechen – die Deutschen bekommen ihr Geld zurück –
       > ist gewagt. Sollte das nicht eingehalten werden, liegt es am
       > aufgezwungenen Sparkurs.
       
       Es ist ein gewagtes Versprechen: „Die Deutschen bekommen ihr Geld zurück“,
       versicherte der griechische Premier Antonis Samaras in einem Interview mit
       der Süddeutschen Zeitung. Sein Land werde alle Hilfskredite zurückzahlen.
       
       Bisher sind solche Zusagen nicht eingehalten worden. Fast wortgleich meinte
       die ehemalige griechische Außenministerin Dora Bakoyannis [1][in einem
       taz-Interview vom Februar 2012:] „Das Geld kriegt ihr Deutschen doch
       zurück, wenn die Wirtschaft wieder läuft.“ Nur wenige Wochen später kam der
       erste große Schuldenschnitt für Griechenland.
       
       Dieses Muster dürfte sich jetzt wiederholen. Während Samaras noch die
       Zahlungsfähigkeit seines Landes betont, denkt der Internationale
       Währungsfonds längst über einen weiteren Schuldenerlass nach. Denn es ist
       offensichtlich, dass Griechenland seine Kredite und die Zinsen nicht
       vollständig bedienen kann. Anders als beim ersten Schuldenschnitt wären
       diesmal jedoch nicht die privaten Banken betroffen – sondern die
       Europäische Zentralbank und die Rettungsschirme.
       
       Obwohl das Klischee so beliebt ist: Am südländischen Schlendrian liegt es
       nicht, dass die griechischen Schulden ständig steigen. Eine neue
       Untersuchung der irischen Zentralbank zeigt, dass kein Land in der Eurozone
       so gespart hat wie Griechenland. In den vergangenen beiden Jahren ist durch
       Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen ein Sparvolumen zusammengekommen,
       das 20 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Das ist Wahnsinn – und
       etwa fünfmal so viel, wie die beiden Krisenländer Spanien und Portugal
       vorzuweisen haben.
       
       Aber leider ist die Wirtschaftswelt nicht so simpel, dass man nur sparen
       muss, um sich zu sanieren. Denn seitdem der griechische Staat seine
       Ausgaben kürzt, stürzt auch die Wirtschaft ab – sie schrumpfte ebenfalls um
       mehr als 20 Prozent. Am Ende steht ein Nullsummenspiel, bei dem alle
       verlieren: Der Staat spart und hat trotzdem weniger Einnahmen als vorher.
       Die einzige Wachstumsbranche sind die Defizite. Die FAZ hat kürzlich
       ausgerechnet, dass die griechischen Staatsschulden pro Stunde um 11
       Millionen Euro anwachsen.
       
       Pro Stunde! 11 Millionen! Das ist dramatisch, aber nicht so dramatisch, wie
       es klingt. Denn es bleibt eine Tatsache, dass Griechenland ein kleines Land
       ist, nicht wichtiger als Hessen. Europa kann es sich also leisten, die
       Hellenen zu retten.
       
       23 Aug 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ehemalige-griechische-Aussenministerin/!86862/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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