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       # taz.de -- Videos zu 20 Jahre Pogrom in Rostock: Dokumente des Hasses
       
       > Die Volksfeststimmung während des Pogroms in Rostock- Lichtenhagen ist
       > kaum noch vorstellbar. Umso wichtiger sind die Filme, die die Ereignisse
       > dokumentieren.
       
   IMG Bild: Schwer vorstellbare Gewalt in Rostock-Lichtenhagen.
       
       BERLIN taz | Die Berichte über das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen 1992
       sind, egal ob man sie heute nach langer Zeit wieder oder zum ersten Mal
       liest, schockierend. Doch es ist kaum in Worte zu fassen, welche Stimmung
       damals dort herrschte.
       
       Es sind vor allem Bilder, die den Wahnsinn dokumentieren. Bilder, die vor
       zwanzig Jahren um die Welt gingen. Sie zeigen einen gewalttätigen Mob,
       fliehende Menschen, brennende Häuser und applaudierende Zuschauer. Sie
       erinnern an Nazi-Deutschland.
       
       Die ersten Berichte über Rostock-Lichtenhagen [1][sendete die Tagesschau].
       Darin ist die Sprache gewohnt nüchtern und nachrichtlich: „Auch in der
       vergangenen Nacht ist es in Rostock wieder zu schweren Ausschreitungen
       gekommen“, heißt es darin. Sie befragten Politiker und Polizisten. Mit den
       Opfern sprachen sie nicht. Vielmehr fragten sie, wer die Schuld an den
       Ausschreitungen trägt.
       
       Danach sucht auch ein Jahr später der Dokumentarfilmer Gert Mohnheim. Sein
       mit dem Civis-Preis für Integration ausgezeichneter Film [2][„Wer Gewalt
       sät – Von Brandstiftern und Biedermännern“] von 1993 zeigt verstörende
       Bilder: Innenminister Rudolf Seiters (CDU), der auf einer Pressekonferenz
       in Rostock sitzt und sagt, Lichtenhagen sei „ein Vorgang, der das deutsche
       Ansehen in der Welt schädigt“. Dann erklärt er den Hass mit
       „Asylmissbrauch“ während er drinnen spricht, bereiten sich draußen die
       Faschisten auf neue Angriffe vor.
       
       Dass Mohnheim sich noch 1992 auf die Suche nach den Verantwortlichen macht
       und diese mit den Ereignissen konfrontiert, kann man gar nicht hoch genug
       würdigen. Denn staatlicherseits interessierte sich für die Strafeverfolgung
       lange niemand. Erst zehn Jahre später mussten drei Angeklagte vor Gericht
       erscheinen.
       
       ## Der Deutsche und seine Hochkultur
       
       Die Protagonisten in Mohnheims Film sind dementsprechend vor allem
       Deutsche. Die angegriffenen Asylbewerberinnen und Asylbewerber kommen nicht
       zu Wort.
       
       Auf diese geht [3][„The Truth lies in Rostock - Die Wahrheit liegt (lügt)
       in Rostock“] ein. Den Film drehten 1992/93 Channel 4 und zwei Rostocker
       Mediengruppen. Sie legen weniger Wert auf die Schuldfrage, die zuvor die
       Berichterstattung dominierte. Vielmehr geben sie den Opfern eine Plattform.
       Diese erzählen, warum sie in Rostock lebten, wie es sich in den belagerten
       Häusern anfühlte und wohin es für sie nach den Pogromen weiterging.
       
       Die Dokumentation [4][„Rostock Lichtenhagen“], produziert von Spiegel TV
       2007, reiht unkommentiert Szenen des Pogroms aneinander: Randalierende
       Nazis, gefilmt von Bewohnern der angegriffenen Häuser; Menschen, die
       „Gestapo“, „Deutschland den Deutschen“ oder „Ausländer raus“ brüllen und
       mit leerem Blick ihre Taten rechtfertigen: „ist doch klar das man Sympathie
       mit den Leuten hat, die hier mit Gewalt vorgehen“; eine ältere Frau, mit
       Wollpullover und Silberschmuck, die über die Asylbewerber sagt „die haben
       doch keine Kultur. Ich meine der Deutsche ist doch bekannt dafür, dass er
       reinlich ist.“
       
       Der Deutsche und seine Hochkultur. Lichtenhagen ist ein Beispiel dafür. Es
       sind Szenen, die einen fassungslos zurück lassen. Szenen über einen
       rassistischen Konsens. Szenen, die keiner vergessen darf.
       
       Eine der gelungensten deutschen TV-Dokumentationen, die das Jubiläum des
       Pogroms in diesem Jahr zum Anlass nahmen, die Hintergründe noch einmal zu
       beleuchten, ist die von Florian Huber für den NDR produzierte Film [5][„Als
       Rostock-Lichtenhagen brannte“.] 
       
       Ein weiteres Video will das Vergessen auf andere Weise verhindern. Nicht,
       indem es erinnert, sondern durch einen Appell. Unter dem Motto [6][„Das
       Problem heißt Rassismus"] ruft es auf, am Samstag in Rostock zu
       demonstrieren.
       
       Kundgebung zum Gedenken an die Pogrome von Lichtenhagen, 25.08.2012 um 11
       Uhr, Rathaus Rostock.
       
       24 Aug 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=wvfYpN7snvk
   DIR [2] http://www.youtube.com/watch?v=RP4ulQ61Qmc&feature=related
   DIR [3] http://www.youtube.com/watch?v=4gboC2bsv8w&feature=related
   DIR [4] http://www.youtube.com/watch?v=PjiOJvBa6CA
   DIR [5] http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/unseregeschichte211.html
   DIR [6] http://www.youtube.com/watch?v=Bq0Ok3zvFZY
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rasmus Cloes
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Rostock-Lichtenhagen
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