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       # taz.de -- Kommentar Feuilleton-Krimi: Ein rätselhafter Mord
       
       > Mordfantasien gegen das Feuilleton sind in. Es dient als
       > Projektionsfläche für Größenwahn oder Selbsthass. Ein Schlüsselroman
       > übers Feuilleton wäre angesagt.
       
       Rätselhafte Sache, die Thomas Steinfeld da trieb. Die verdruckste Art, wie
       der Feuilletonchef der SZ sein neues Buch lancierte, erweist sich als
       Rohrkrepierer. Erst schickte er, mit Unterstützung des Fischer-Verlags, ein
       Pseudonym vor. Und seit das herauskam, will er nur mal das Schreiben eines
       Krimis probiert haben.
       
       Aber egal zu wie viel Prozent Frank Schirrmacher in Steinfelds angeblich
       als idealtypische Feuilletongestalt modellierten Mordopfer steckt –
       anzunehmen, dass es nicht auf den FAZ-Feuilletonchef bezogen werden würde,
       ist bestenfalls weltfremd. Und weltfremd sollten Feuilletonisten nicht
       sein, dem Klischee zum Trotz.
       
       Das Ergebnis ist, dass sich nun ein paar Tage lang alle grassierenden
       Vorurteile dem Feuilleton gegenüber breitmachen können. Nur auf
       Aufmerksamkeit aus! Nur mit sich selbst beschäftigt! So liest man in vielen
       Foren. Jakob Augstein nutzt zudem im Freitag die Gelegenheit, Schirrmacher
       zu jemandem hochzuschreiben, der bestimmen würde, „was wir denken“.
       Ehrlich?
       
       Also, ich glaube, man denkt dann und wann dann doch nicht so
       weltuntergangsdräuend. Hinzu kommt, dass Georg Seeßlen in dieser Zeitung
       kurz zuvor das Feuilleton als Instanz herunterschrieb, die alles abtötet,
       was sie behandelt. Als Projektionsfläche für intellektuellen Größenwahn
       oder wahlweise Selbsthass funktioniert das Feuilleton offenbar prächtig.
       Nun ja, zum Glück ist es in Wirklichkeit viel zu bunt, um es ernsthaft
       verteidigen zu müssen.
       
       Stattdessen ein Vorschlag. Warum schreibt nicht jemand mit tatsächlich
       offenem Visier einen Schlüsselroman übers Feuilleton? So einem Projekt
       gebührte jeder intellektuelle Feuerschutz. All diese Projektionen mit der
       Wirklichkeit zu kontrastieren, könnte hilfreich entmythologisierend wirken.
       Nur sollte man sich nicht gerade Schwedenkrimis als Vorbild nehmen.
       
       16 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dirk Knipphals
       
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