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       # taz.de -- Altmaier fordert kostenlose Energieberatung: Jedem Bürger soll ein Licht aufgehen
       
       > Der Umweltminister hält eine kostenlose Energieberatung für sinnvoll. Er
       > denkt dabei vor allem an die Mindestverdiener in Deutschland.
       
   IMG Bild: Will aufklären: Umweltminister Peter Altmaier.
       
       BERLIN dapd | Die Sorge vor steigenden Energiekosten wächst. „Wir müssen
       die Frage der sozialen Gerechtigkeit bei der Energiewende im Blick
       behalten“, sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier den Zeitungen der
       WAZ-Gruppe und brachte eine kostenlose Energieberatung ins Gespräch.
       
       Politiker von Union und FDP regten dagegen Änderungen bei der Stromsteuer
       an. Die Umweltorganisation Greenpeace forderte, die energieintensive
       Industrie stärker an den Kosten der Energiewende zu beteiligen. Am
       Donnerstagnachmittag wollte der Minister ein Zehn-Punkte-Arbeitsprogramm
       bis zur Bundestagswahl vorstellen.
       
       Die großen Stromnetzbetreiber erwarten einen drastischen Anstieg der
       EEG-Umlage im kommenden Jahr, mit der alle Verbraucher die Förderung des
       Ökostroms bezahlen. Staat Sozialtarife zu gewähren, will der Umweltminister
       aber lieber aufklären. „Unser Ziel ist es, dass alle Bürger kostenlos eine
       gute Energieberatung erhalten. Das würde auch Menschen mit einem geringen
       Einkommen zugute kommen“, sagte er.
       
       Die Energiepreisentwicklung werde ohnehin bei der Anpassung der
       Hartz-IV-Sätze berücksichtigt. Daher helfe es nicht weiter, staatliche
       Subventionen wie Gutscheine zu verteilen oder Sozialtarife einzuführen.
       
       ## „Schleichende Deindustrialisierung“
       
       Mehrere Ministerpräsidenten forderten den Bund zum Handeln auf. Hessens
       Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sprach sich in der Zeitung Die Welt
       dafür aus, die EEG-Umlage zurückzufahren. Sachsens Ministerpräsident
       Stanislaw Tillich (CDU) warnte davor, dass überhöhte Strompreise „zu einer
       schleichenden Deindustrialisierung Deutschlands führen“ könnten. „Daher
       fordere ich die Abschaffung der Stromsteuer.“ Das entlaste Familien und
       Unternehmen.
       
       Auch Politiker von CSU und FDP forderten Änderungen bei der Stromsteuer.
       Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller,
       brachte eine Halbierung der Steuer ins Gespräch. „Die Stromrechnung darf
       nicht zum sozialen Problem werden“, sagte er der Zeitung. Bayerns
       Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) sprach sich für eine
       „Strompreisbremse“ aus. „In dem Maße, in dem die EEG-Umlage steigt, muss
       die Stromsteuer sinken“, sagte er dem Blatt.
       
       Die Umweltorganisation Greenpeace sprach sich unterdessen dafür aus, die
       stromintensive Industrie stärker zur Kasse zu bitten. „Jetzt müssen die
       Weichen gestellt werden, um die Energiewende voran zu bringen, die
       Effizienz zu steigern und die stromintensive Industrie an den Kosten zu
       beteiligen“, sagte der Referent für die Energiewende, Tobias Austrup. Dazu
       müsse Altmaier allerdings „den Kuschelkurs“ mit Wirtschaftsminister Philipp
       Rösler (FDP) und der Wirtschaft beenden.
       
       Kurz vor der Präsentation von Altmaiers Umweltprogramm legte Greenpeace
       ebenfalls ein Zehn-Punkte-Papier vor. Darin dringt die Organisation auf
       einen weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und mahnt insbesondere
       Planungssicherheit bei den Vergütungssätzen an, die bei der Solarenergie
       zuletzt erneut gesenkt wurden.
       
       ## Fördersystem im Wärmebereich
       
       Zudem müsse endlich auch im Wärmebereich ein Fördersystem eingeführt
       werden, heißt es in dem Papier. Beim Stromnetzausbau plädiert Greenpeace
       dafür, nur die Leitungen zu bauen, die wirklich nötig sind.
       
       An der Finanzierung sollen sich auch die energieintensiven Industrien
       stärker beteiligen. „Die pauschalen Vergünstigungen für die Großindustrie
       führen zu einem verzerrten Wettbewerb, gehen zu Lasten von
       Privathaushalten, Mittelstand und Energieeffizienz und gefährden die
       Akzeptanz der Energiewende“, schreibt Greenpeace.
       
       Für zusätzliche Mittel könnte nach Einschätzung von Greenpeace auch der
       Emissionshandel sorgen, sofern dieser auf EU-Ebene reformiert wird. „Bei
       den derzeitigen Zertifikatspreisen entgehen Deutschland Einnahmen in
       Milliardenhöhe“, heißt es in dem Papier. Die Bundesregierung solle sich
       daher dafür einsetzen, dass mindestens 1,4 Millionen überschüssige
       Zertifikate aus dem Emissionshandel herausgenommen werden.
       
       16 Aug 2012
       
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