URI: 
       # taz.de -- Bremen im Bildungsmonitor: Drittmittelboom im Bildungsgetto
       
       > Bremen schneidet beim Bildungsmonitor 2012 extrem ab. Die Studie sieht
       > mehr Akademiker, Abiturienten und Hochtechnologie – und zugleich knapp 30
       > Prozent Schlechtleser.
       
   IMG Bild: Das kann ja nix werden: Während es anderswo Computer gibt, lernen Bremens Schüler noch mit Schallplatten.
       
       BERLIN taz | Die Gutachter loben den Kandidaten über den grünen Klee.
       „Bremen ist eine wichtige Akademikerschmiede Deutschlands“, heißt es. Das
       bedeute, dass der Stadtstaat „in besonderem Maße zur Stärkung der
       Hochtechnologiebranchen in Deutschland“ beitrage.
       
       Die Rede ist tatsächlich von Bremen, jenem Bundesland, das seit Jahren
       beharrlich die Rote Laterne bei Bildungsstudien bekommt. Ganz egal, ob die
       OECD-Forscher aus Paris nachrechneten, die Pisa-Päpste Baumert und Prenzel
       oder zuletzt das Berliner „Institut zur Qualitätsentwicklung im
       Bildungswesen“ (IQB) – wo Bremen liegt, ist hinten.
       
       Als die Stadt 2011 erneut auf Platz 16 landete, murrte Bildungssenatorin
       Renate Jürgens-Pieper (SPD): In anderen Bundesländern würden lernschwache
       Schüler aus den Tests, so die Senatorin, „von vornherein ausgegliedert“.
       Das IQB verbat sich diese Interpretation – zu Recht.
       
       Denn die Ergebnisse Bremens sind so verheerend wie konstant. Einst
       bevölkerte die unfassliche Zahl von 39 Prozent Risikoschülern Bremens
       Schulen – im Durchschnitt. Das wurde inzwischen auf „nur noch“ 28 Prozent
       abgesenkt. Dennoch mahnen die Autoren des Monitors, es bestehe
       Verbesserungsbedarf bei Bildungsarmut und Schulqualität.
       
       ## Ganz weit vorn bei Habilitationen
       
       Der Monitor nennt Bremen „ein Bundesland der Extreme“. Gut ist Bremen bei
       der Einwerbung von Drittmitteln, der Habilitation von Professoren oder der
       Quote von Studienberechtigten, die binnen nur eines Jahres auf knapp 38
       Prozent gesteigert werden konnte. Gleichzeitig verharrt das Land bei seinen
       Schulindikatoren. „Damit bestätigen sich die Schlussplatzierungen bei
       früheren Pisa-Tests“, heißt es. Mit anderen Worten: Bremen ist sehr
       erfolgreich darin, Akademikerkindern gute Chancen zu bieten – und schwach
       bei der Hilfe für Bildungsverlierer.
       
       Bremen weist jedoch noch eine Besonderheit auf: Trotz seiner miserablen
       Schulwerte stilisieren sich die Bildungspolitiker dort stets als
       Musterschüler. Zuletzt gefiel sich Senatorin Jürgens-Pieper in dieser
       Übung. „Ein bundesweiter bildungspolitischer Konsens ist möglich“, schreibt
       die laut Pisa-Studien schlechteste deutsche Kultusministerin in ihrem Buch
       „Schulfrieden“.
       
       Das Vorbild dafür sieht sie – in Bremen. Bezugspunkt für Veränderungen „ist
       die konzeptionell neu gestaltete schulische Wirklichkeit“, die sich in
       Bremen entwickle. Vielleicht schaut die Senatorin mal in den
       Bildungsmonitor 2012 – in dem die schulische Wirklichkeit beschrieben ist.
       
       15 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Füller
       
       ## TAGS
       
   DIR Bildung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Neues Schulkonzept: Eine Note sagt gar nichts
       
       In Bayern hat ein Gymnasium das Konzept sogenannter „Lernlandschaften“
       eingeführt. Skepsis und Begeisterung halten sich die Waage.
       
   DIR Bildungsmonitor 2012: Bayern stagniert, Bremen steigt auf
       
       Die Kellerkinder der Pisa-Studien holen auf: in Hamburg, Bremen und
       Brandenburg gibt es die meisten Fortschritte. In Bayern ist die Abiturquote
       am niedrigsten.
       
   DIR Kommentar Bildungsmonitor-Studie: Oben hui, unten pfui
       
       Angesichts der Bildungsmonitor-Studie muss man fragen: Ist es Zufall, dass
       die Kultusminister blind sind für die Nöte vermeintlicher Schmuddelkinder –
       oder ist das Absicht?
       
   DIR Wissensstudie „Bildungsmonitor“: Pisaschock nur halb verdaut
       
       Kinder von gebildeten Eltern gehen aus der Pisakrise gestärkt hervor, das
       zeigt der „Bildungsmonitor“. Die Bildungsarmut bleibt dagegen ein
       hartnäckiges Problem.
       
   DIR Bildungsforscher über Schulsysteme: „Erhebliche Unterschiede“
       
       Bildungsforscher Wilfried Bos über vergleichbare Schulsysteme,
       Chancengerechtigkeit und Bildungsföderalismus als Experimentierfeld.
       
   DIR Chancengleichheit in Schulen: Leistung und Fairness
       
       Eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung entdeckt, dass deutsche Schulen
       kreuzungerecht sind. Besonders ungerecht: Bildungserfolg ist von der
       Herkunft abhängig.