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       # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: „Nicht mal Sesamöl?“
       
       > Wenn man „FAZ“-Journalisten ernstgemeinte Fragen zu ihren Recherchen
       > stellt, sagen sie, ihre Artikel sprächen für sich. Na dann hören wir doch
       > mal rein.
       
   IMG Bild: „Nein, überhaupt nicht. Ich steh nicht auf so Grünzeug. Also, gekocht schon. Aber nicht roh.“
       
       Hallo, taz-Medienredaktion!
       
       Letzte Woche habe ich an anderer Stelle über Heribert Prantls Ausrutschen
       in der Salatsoße geschrieben, über deren Zubereitung er aus dem Hause des
       Präsidenten des Bundesverfassungsrichters Andreas Voßkuhle berichtet haben
       wollte.
       
       Anlass war, dass der FAZ-Kollege Reinhard Müller aufgedeckt hatte, dass
       Prantl, anders, als dieser es in seinem Text suggeriert hatte, bei der
       Zubereitung der Soße gar nicht zugegen war. Wobei Müller sogar die
       Information hatte, Voßkuhle möge gar kein Dressing. Was ja das Ganze noch
       toppt. Informations-Topping sozusagen. „Andreas Voßkuhle mag kein Dressing.
       Aber er muss damit leben, dass ihm das von vermeintlichen Zeugen seiner
       Kochkunst angedichtet wird“, schrieb Müller.
       
       Natürlich habe ich viel Zeit damit verbracht, zu überlegen, woher Müller
       das wissen kann, bis ich darauf kam: Er muss Voßkuhle kennen. Also ganz
       schön toll sein. Um nicht mit Vermutungen arbeiten zu müssen, sondern der
       journalistischen Sorgfaltspflicht Genüge zu tun, habe ich den Kollegen
       Müller gefragt, woher er die Information habe, ob er von Herrn Voßkuhle
       persönlich wisse, dass der kein Dressing mag. Da Herr Müller im Urlaub
       weilte, sandte ich ihm eine Mail, auf die ich die folgende Antwort erhielt:
       „Sehr geehrte Frau Burmester, danke für Ihr Schreiben. Mein Artikel spricht
       für sich. Mit freundlichen Grüßen …“
       
       Da war ich erst mal platt. Und wollte fast schon wieder auf die
       unglaubliche Arroganz von FAZ-Redakteuren schimpfen, da kam mir ein
       Gedanke: „Halt!“, sagte der. „Was, wenn das gar keine Überheblichkeit ist
       und Müllers Artikel wirklich spricht?!“ Also habe ich den Text noch mal
       hervorgekramt und mein Ohr daraufgelegt. Und tatsächlich! Da war etwas zu
       hören!
       
       Es begann mit einem Klingeln. Ringring! „Ja, Voßkuhle!“ – „Hallo Voßi, hier
       ist der Reini!“ – „Reini, welcher Reini?“ – „Na, der Müller-Reini. Von der
       FAZ.“ – „FAZ?“ – „Ja, dem Leitmedium aus Frankfurt. Wir haben uns neulich
       beim Rolex Open kennengelernt. Beim Henkel, im VIP-Zelt.“ – „Ach, ja. Ich
       erinnere mich. Schön, dass du dich meldest. Ist aber grad ein schlechter
       Zeitpunkt. Ich muss noch 1.200 Seiten lesen. Was kann ich für dich tun?“ –
       „Du, sag mal, stimmt es, dass du Dressing selbst rührst? Ich hätte gedacht,
       du hast Leute für so was.“ – „Nee, nee, das wäre schon richtig. Weißt du,
       es ist wichtig, ab und zu noch Dinge selbst zu machen, um die Bodenhaftung
       nicht zu verlieren. Schuhe zubinden zum Beispiel oder die Einkäufe aus dem
       Auto ausräumen. Sonst weiß man ja irgendwann gar nicht mehr, was im Volk
       vorgeht.“ – „Du sagst 'wäre', Voßi, was meinst du damit?“ – „Na, ich würde
       Dressing machen, wenn ich es denn mögen würde.“ – „Wie, du magst kein
       Dressing?“ – „Nein, überhaupt nicht. Ich steh nicht auf so Grünzeug. Also,
       gekocht schon. Aber nicht roh.“ – „Nicht roh … aha.“ Pause. „Also, du hast
       kein Dressing gerührt, weil du keins magst. Ist das richtig?“ – „Ja, das
       ist richtig.“ – „Also nicht mal Essig und Öl?!“ – „Nicht mal Essig und Öl.“
       – „Auch kein Sesamöl oder Walnuss?“ – „Nein, gar kein Öl.“ – „Und auch kein
       Aceto Balsamico Tradizionale?“ – „Nein, auch kein Aceto Balsamico
       Tradizionale.“ – „Hammer, Vossi! Hammer!“
       
       Dann bedankt sich Reinhard Müller noch brav für das Gespräch, und man
       vereinbart, sich bald wieder mal zu treffen. Zu Piëchs Bodensee-Regatta zum
       Beispiel, wobei der Müller noch nicht genau sagen konnte, ob er da kommen
       könne.
       
       Womit ich nun alles Böse zurücknehme, das ich je über FAZ-Redakteure
       gedacht habe, schließlich sprechen die Artikel tatsächlich. Auch für sich.
       Platt beeindruckt zurück nach Berlin!
       
       15 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Silke Burmester
       
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