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       # taz.de -- Kolumne Am Gerät: Die Spikes
       
       > Die Studienrätin Frau Ohm liebt das Reiten. Sie möchte auch ihre Jungs
       > für Pferde begeistern. Doch gegen Fußballhelden wie „Özil“ und „Messi“
       > kommt sie nicht an.
       
   IMG Bild: Breitscheider fragte sich, ob ein Spitzenathlet kurz vor einem wichtigen Wettkampf wirklich in nagelneuen Schuhen trainiert
       
       Er wollte es dann doch selbst ausprobieren. Breitscheider war schon lange
       nicht mehr auf der Leichtathletikanlage des Polizeisportvereins. Er war
       meistens krank, wenn die Beamten zum regelmäßigen Fitnesstraining gerufen
       wurden. Das ist noch niemandem aufgefallen. Oder, überlegte er, man meinte
       es einfach gut mit ihm.
       
       Breitscheider hat sich schon oft darüber gewundert, warum sich bislang noch
       niemand darüber beschwert hat, dass er die eigentlich verpflichtenden
       Stunden im Schießstand so häufig geschwänzt hat.
       
       Vielleicht lag es ja daran, dass er gleich in seinem ersten Dienstjahr den
       gefürchteten Moorbach-Meuchler beinahe im Alleingang zur Strecke gebracht
       hat. Er war von Anfang an ein Star im K 325a.
       
       Der Moorbach-Meuchler war auch ein guter Sportler, erinnerte sich
       Breitscheider, als er die Sprintschuhe anzog, die der Leichtathlet anhatte,
       der am Sonntag zur besten „Tatort“-Zeit auf der Trainingsbahn neben dem
       großen Stadion erschossen worden war. Der Junge könnte jetzt bei Olympia
       sein, denkt sich Breitscheider und erinnert sich daran, wie verstört der
       Zwillingsbruder des Erschossenen auf dieses Thema reagiert hat.
       
       Der Traum von Olympia endete für den deutschen Vizemeister über 100 Meter
       mit einer Kugel im Bauch. Breitscheider war Zeuge zu vieler dramatischer
       Schicksale geworden – eine durch Mord verhinderte Olympiateilnahme konnte
       ihn nicht aus der Fassung bringen. Er zündete sich eine Reval an, bevor er
       die Sprintschuhe anzog.
       
       Die Schuhe also. Irgendetwas stimmte nicht mit ihnen. Sie waren nagelneu.
       Kann das sein? Breitscheider fragte sich, ob ein Spitzenathlet kurz vor
       einem wichtigen Wettkampf wirklich in nagelneuen Schuhen trainiert.
       
       Er drückte seine Zigarette aus, hustete sich den Raucherschleim des langen
       Vorabends aus der Lunge und dachte an seine Schulzeit zurück, in der er im
       Sportleistungskurs beileibe nicht der Schlechteste war. Damals war er die
       100 Meter schneller gelaufen als Dirk Weiterstadt, dieser Schnösel mit
       seinen teuren Spikes. Sein letzter großer sportlicher Erfolg. Danach kam
       Reval.
       
       Er fühlte sich nicht wohl in den Schuhen des Toten. Die Nägel, die
       bedrohlich aus der Sohle ragten, waren länger als ein Zentimeter. So wie
       die vom Weiterstadt damals. Da hatte sich bald herausgestellt, dass das
       Hochsprungspikes waren. Die sind viel länger als die Läufernägel. Warum
       läuft ein Sprinter in Springerschuhen? Der Zwillingsbruder. Breitscheider
       seufzte. Der Fall begann erst so richtig interessant zu werden.
       
       1 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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