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       # taz.de -- USA erwägen Flugverbotszone über Syrien: USA und Türkei bilden Arbeitsgruppe
       
       > Die USA erwägen die Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien. Aleppo
       > soll erneut bombardiert worden sein. Neuer Syrien-beauftrager soll der
       > Algerier Lakhdar Brahimi werden.
       
   IMG Bild: Ein Foto, das angeblich die Stelle in Damaskus zeigt, wo es eine Explosion gegeben haben soll (Quelle: Syria's Arab News Agency).
       
       ISTANBUL dapd/reuters | Angesichts der immer dramatischeren Lage in Syrien
       haben sich die USA und die Türkei auf die Bildung einer gemeinsamen
       Arbeitsgruppe verständigt, wie US-Außenministerin Clinton und ihr
       türkischer Kollege Ahmet Davutoglu am Samstag mitteilten. Der Krisenstab
       werde für die Koordination der Reaktion auf militärischer,
       geheimdienstlicher und politischer Ebene verantwortlich sein, sollte es zu
       einem Angriff mit Chemiewaffen kommen.
       
       Im Juli hatte der Sprecher des syrischen Außenministeriums für den Fall
       eines Angriffs von außen mit dem Einsatz chemischer und biologischer Waffen
       gedroht. Dabei versicherte er, dass das Regime die Waffen nie gegen die
       eigene Bevölkerung einsetzen würde. Die Stellungnahme galt als erstes
       Eingeständnis, dass Damaskus wie vermutet Massenvernichtungswaffen besitzt.
       Allerdings ruderte das Regime später wieder zurück und wollte die Existenz
       solcher Waffen weder bestätigen noch leugnen.
       
       Die USA erwägen zur Unterstützung der syrischen Rebellen die Einrichtung
       einer Flugverbotszone über dem Nahost-Staat. Das sei eine der möglichen
       Optionen und Grund für die beschlossene Vertiefung der operativen
       Zusammenarbeit mit der Türkei, sagte Außenministerin Hillary Clinton. Ein
       Flugverbot müsste mit einem militärischen Einsatz durchgesetzt werden, den
       der Westen auch mit Blick auf Syriens Verbündete Russland und China bislang
       vermeiden will. Ohnehin droht nach einem Grenzgefecht mit jordanischen
       Soldaten der Bürgerkrieg in Syrien auf die Nachbarländer überzugreifen.
       
       Auf die Frage nach einer Flugverbotszone über den von Rebellen gehaltenen
       Gebieten sagte Clinton, das sei ein Punkt der mit der Türkei intensiver
       erörtert werden müsse. „Es ist eine Sache, über mögliche Aktionen zu reden,
       aber man kann vernünftige Entscheidungen nicht ohne eingehende Analysen und
       operative Planung treffen.“ Mit ihren Äußerungen brachte Clinton erstmals
       den Einsatz militärischer Mittel ins Gespräch. Im vorigen Jahr hatte der
       Westen den Kampf libyscher Rebellen gegen Machthaber Muammar Gaddafi mit
       einer Flugverbotszone unterstützt.
       
       Die türkisch-amerikanische Arbeitsgruppe werde das Engagement der
       Geheimdienste und Streitkräfte beider Länder verstärken, sagte Clinton
       weiter. Man habe zwar bereits im Laufe des Konflikts eng
       zusammengearbeitet. „Aber jetzt müssen wir uns mit den Einzelheiten einer
       solchen Einsatzplanung auseinandersetzen. Und das muss auf bilateraler
       Regierungsebene geschehen“, sagte Clinton.
       
       Ihr Kollege Davutoglu stellte eine mögliche Einrichtung einer sogenannten
       „Sicherheitszone“ in Syrien in Aussicht, falls die humanitäre Krise einen
       massiven Strom von Flüchtlingen auslöse, die besonders durch Angriffe der
       Regierungstruppen gefährdet seien. Schon jetzt hätten 55.000 Syrer in der
       benachbarten Türkei Zuflucht gesucht, sagte Davutoglu. Täglich kämen 2.000
       bis 3.000 weitere Menschen ins Land. Die meisten flohen aus der seit zwei
       Wochen erbittert umkämpften syrischen Stadt Aleppo.
       
       Nach Angaben der Vereinten Nationen sind inzwischen fast 150.000 Menschen
       aus Syrien in Nachbarländer geflohen. Behördenvertreter gehen jedoch davon
       aus, dass die Zahl der Flüchtlinge eher bei mehr als 200.00 liegen dürfte,
       da sich nicht alle Flüchtlinge als solche registrieren lassen.
       
       Während ihres Besuchs in Istanbul wollte sich Clinton auch mit syrischen
       Flüchtlingen treffen, für die die Hilfe aus Washington Kreisen zufolge
       aufgestockt werden soll. Für den Tagesverlauf waren auch Gespräche mit dem
       türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und Staatschef Abdullah
       Gül sowie Vertretern der syrischen Opposition geplant.
       
       ## Aktivisten rechnen mit Stürmung
       
       In Aleppo nahm die Armee nach Angaben der in London ansässigen Syrischen
       Beobachtungsstelle für Menschenrechte das von Rebellen gehaltene
       Stadtviertel Al Sukkari unter Beschuss. Die Aktivisten gingen davon aus,
       dass die Regierungstruppen das Viertel noch am Samstag stürmen würden. Auch
       das angrenzende Stadtviertel Saif al Dawla sei von Raketen getroffen
       worden, hieß es am Samstag auf der Webseite des Aktivistennetzwerks.
       
       Bewaffnete verübten derweil in der Innenstadt von Damaskus laut einem
       Medienbericht zwei Bombenanschläge. Das syrische Staatsfernsehen
       berichtete, die Behörden fahndeten nach dem Vorfall nach einer
       „Terroristengruppe“. Einer der unter einem Baum versteckten Sprengsätze sei
       am Samstag im zentralen Bezirk Mardsche explodiert, als ein Fahrzeug mit
       Soldaten vorbeigefahren sei, sagte ein Behördenvertreter vor Ort.
       Anschließend hätten die Attentäter das Feuer auf Zivilisten eröffnet, hieß
       es weiter. Verletzt wurde niemand. Im Zusammenhang mit Aufständischen, die
       das Regime von Assad bekämpfen, sprechen die Behörden für gewöhnlich von
       „Terroristen“. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht zu erfahren,
       allerdings berichteten Einwohner der Hauptstadt, dass sie eine laute
       Explosion sowie anschließend Schüsse gehört hätten.
       
       Unterdessen berichtete ein der Regierung von Assad nahestehender syrischer
       Fernsehsender von der Entführung vier seiner Mitarbeiter. Drei Journalisten
       und ihr Fahrer seien am Freitag in Al Tal, einem nördlich gelegenen Vorort
       der Hauptstadt Damaskus, von Bewaffneten verschleppt worden, als sie von
       dort berichtet hätten, sagte der Geschäftsführer des Fernsehsenders Al
       Ichbarija, Imad Sarah. In der Gegend kam es am Samstag zu Kämpfen zwischen
       Regierungstruppen und Aufständischen. Letztere bestätigten die Entführung
       zunächst nicht.
       
       Al Ichbarija und andere Fernsehsender, die der syrischen Regierung
       nahestehen, sind seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime im März
       2011 häufig Ziel von Anschlägen geworden. Vor wenigen Tagen wurde die
       Zentrale des syrischen Staatsfernsehens in Damaskus von einer
       Bombenexplosion erfasst. Dabei wurden mehrere Mitarbeiter verletzt.
       
       Zur Beilegung des Syrien-Konflikts soll nach dem Rücktritt Kofi Annans
       offenbar der ehemalige algerische Außenminister Lakhdar Brahimi als neuer
       Syrien-Beauftragter benannt werden. Der 78-jährige war von 1991 bis 1993
       algerischer Außenminister und hatte seit 1994 mehrere ranghohe Posten bei
       den Vereinten Nationen inne, unter anderem als Gesandter für Afghanistan,
       Haiti und den Irak. Als Repräsentant der Arabischen Liga handelte er das
       Ende das Bürgerkriegs im Libanon mit aus. 2005 ging Brahimi in den
       Ruhestand.
       
       11 Aug 2012
       
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