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       # taz.de -- Finanzspekulationen mit Nahrungssmitteln: Deutsche Bank zockt mit Getreide
       
       > Trotz heftiger Kritik hält die Deutsche Bank an Spekulationen mit
       > Nahrungsmitteln fest. Das Kreditinstitut glaubt nicht, dass das einen
       > Einfluss auf die Preisentwicklung hat.
       
   IMG Bild: Weizen, ein lohnendes Spekulationsobjekt.
       
       HAMBURG taz | Die Deutsche Bank betreibt weiter Finanzgeschäfte mit
       Agrar-Rohstoffen. [1][Foodwatch] kritisiert, dass ausgerechnet der
       Branchenprimus mit den preistreibenden Zockereien weitermacht. Im Gegensatz
       spekuliert die zweitgrößte deutsche Bank, die Commerzbank, nicht mehr mit
       Nahrungsmitteln, ebenso die Deka-Bank der Sparkassen und die Landesbank
       Baden-Württemberg (LBBW).
       
       „Öffentlich gibt sich die Deutsche Bank beim Thema
       Nahrungsmittelspekulation nachdenklich“, sagte ein Sprecherin der
       Verbraucherorganisation der taz, „doch es wachsen Zweifel, ob sie die
       Geschäfte tatsächlich – wie angekündigt – ernsthaft überprüfen will.“
       
       Oft war die Deutsche Bank für ihre Agrarfinanzgeschäfte bereits kritisiert
       worden. Foodwatch hatte im Oktober mit dem Report „Die Hungermacher“ Belege
       dafür publiziert, dass Finanzspekulationen weltweit zu höheren
       Lebensmittelpreisen führen – und damit mehr Hunger verursachen. Wochenlang
       wurde die Zockerei mit Nahrungsmitteln zum Thema Nummer eins in Talkshows
       und politischen Zirkeln.
       
       Die Bank reagierte: Neue börsennotierte Anlageprodukte auf Basis von
       Agrarrohstoffen solle es vorerst nicht mehr geben, versprach Exchef Josef
       Ackermann. Bis Ende 2012 wolle das Geldinstitut einen Bericht zu den
       Auswirkungen auf Nahrungsmittelpreise vorlegen. „Doch“, heißt es bei
       Foodwatch, „wie ernst diese Prüfung wirklich gemeint ist, ist fraglich.“
       
       ## „Es gibt kaum stichhaltige Belege“
       
       Die Deutsche Bank verteidigt sich. In einer Anhörung vor dem
       Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit wiegelte der
       kürzlich zum Chefvolkswirt aufgestiegene David Folkerts-Landau Ende Juni
       ab: Es gebe „kaum stichhaltige empirische Belege für die Behauptung, dass
       die zunehmende Bedeutung von Agrarfinanzprodukten zu Preissteigerungen“
       führe. Allerdings hatte sich das Anlagevolumen der Finanzinvestitionen in
       Agrarrohstoffe in den drei Jahren bis Ende 2011 von 32 Milliarden Euro auf
       62 Milliarden Euro verdoppelt – im selben Zeitraum stiegen die Preise
       vieler Nahrungsmittel rasant an.
       
       Doch warnen auch Kritiker von Agrarspekulationen vor überzogenen Urteilen.
       Viele Agraranlagen setzen nur indirekt auf Agrarprodukte. Finanzspekulanten
       spielen zudem auf den Agrarmärkten nur eine Nebenrolle, allein auf der
       Grundlage eines „strukturellen Preisauftriebs“ könnte Getreide für
       Finanzmarktanleger interessant werden, meint Hans-Heinrich Bass von der
       Universität Bremen.
       
       Auf Bass’ Untersuchungen stützen sich gerade Nichtregierungsorganisationen.
       Zum gleichen Schluss kommt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts
       Südwind. Bei Wissenschaftlern herrsche „Einigkeit darüber“, dass von
       Spekulanten erzeugte Preisveränderungen nur kurz- bis mittelfristig
       wirkten, die Preise langfristig aber die „Fundamentaldaten widerspiegeln“.
       
       Was aber sind diese Fundamentaldaten? Die Preise von Getreide und Soja
       steigen vor allem, weil die Weltbevölkerung zunimmt und weil immer mehr
       Feldfrüchte als Viehfutter und zur Produktion von Biosprit verwendet
       werden. Preissteigernd wirken zudem der Nachfragezuwachs in China und
       anderen Schwellenländern sowie die Agrarpolitik in Europa und den USA.
       Zugleich stagnieren die Erträge in wichtigen Anbauländern.
       
       10 Aug 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.foodwatch.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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