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       # taz.de -- Olympia-Aus der deutschen Volleyballer: Zum Glück mit Abstand verloren
       
       > Die Arena bebt als Russland gegen Polen spielt. Für die deutschen
       > Volleyballer interessiert sich dagegen kaum jemand. Sang- und klanglos
       > verlieren sie gegen Bulgarien.
       
   IMG Bild: Blieb im Spiel gegen Bulgarien unverletzt: Georg „Hammerschorsch" Grozer
       
       LONDON taz | Die riesige Volleyball-Arena, die die Londoner Olympiamacher
       in die Ausstellungshalle Earl's Court gebaut haben, bebte. Es herrschte
       eine giftige Atmosphäre beim Viertelfinalspiel der Polen gegen Russland.
       Mehrere tausend Polen machten jede Menge Lärm im Duell der Erzrivalen, das
       für Viele ein vorgezogenes Endspiel war. Weltligasieger Polen unterlag dann
       klar mit 0:3 gegen die Russen, die fast immer den zweiten Platz gewonnen
       haben bei den großen Ereignissen der vergangenen Jahren.
       
       Nun scheinen sie reif zu sein für den großen Titel. Schnell wurde es ruhig
       in der 14.000-Zuschauer-Arena. In Polen, wo seit dem Olympiasieg 1976
       Volleyball der am meisten gefeierte Mannschaftssport ist, sprach man
       hinterher viel vom Druck, an dem das Team gescheitert ist. „Wir haben viele
       junge Spieler in der Mannschaft, die noch nie bei Olympischen Spielen dabei
       waren, vielleicht lag's daran“, meinte der polnische Trainer Andrea
       Anatasi.
       
       Schichtwechsel. Hunderte bulgarische Basketballfans warteten vor der Halle
       auf das Ende des polnischen Auftritts und hofften, darauf, für das
       Abschlussmatch des Tages noch eine Karte von einem polnischen Fan
       übernehmen zu können. Sie wollten unbedingt erleben, wie ihr Team, das
       seine Vorrundengruppe mit Siegen über Italien und Polen dominiert hatte,
       gegen die deutsche Auswahl ins Halbfinale stürmt. [1][Das taten sie dann
       auch]. Mit 3:0 (25: 20, 25:16, 25:14) und einem überragenden
       Diagonalangreifer Tswetan Sokolow rasten sie in die Vorschlussrunde und
       veranstalteten mit ihren Fans kurz vor Mitternacht noch eine veritable
       Party.
       
       ## Orchideendisziplin Volleyball
       
       Für die deutsche Mannschaft interessierte sich da längst keiner mehr. Eine
       Hand voll Zuschauer hatte zuvor vergeblich versucht, ein wenig Lärm zu
       machen, wenn die Deutschen mal einen Punkt gewonnen haben. Für die einzigen
       Hallenballsportler aus Deutschland, die sich für Olympia qualifizieren
       konnten, interessieren sich nur die wenigsten schwarz-rot-goldenen
       Olympiatouristen. Nach der deprimierenden Niederlage meinte Mittelblocker
       Max Günthör, dass es daran gewiss nicht gelegen hat. „In der Weltliga haben
       wir in Frankfurt gegen Bulgarien gespielt, das war auch wie ein
       Auswärtsspiel“, sagte er.
       
       Die Weltsportart Volleyball ist in Deutschland nach wie vor eine
       Orchideendisziplin. Auch der belgische [2][Trainer der Deutschen, Vital
       Heynen,] schwärmte nach dem Spiel von der „angenehmen Volleyballkultur“ in
       Polen und Bulgarien. Als er mit seiner Frau einmal durch Bulgarien gefahren
       sei, da hätten sie gestaunt: „Da haben sich zwei ältere Frauen um die 70
       unterhalten, die kannten jeden Nationalspieler mit Namen.“
       
       Auch die besten deutschen Volleyballspieler sind im Ausland, wo sie als
       Profis besser verdienen können, oft bekannter als in ihrer Heimat. Hier hat
       nur der wuchtige Angreifer Georg Grozer einen Namen. Er wird gerne als
       Hammerschorsch bezeichnet, dabei hat er es wirklich nicht verdient, den
       gleichen Spitznamen zu tragen wie der in der 1970ern mäßig talentierte
       Münchner Berufsboxer und Erotik-Club-Betreiber Georg Steinherr. Immerhin
       hat er einen Spitznamen.
       
       ## Der unversicherte Hammerschorsch
       
       Grozer verdient sein Geld in Russland bei Belogorie Belgorod. Dort wird man
       beruhigt sein, dass sich Grozer bei Olympia nicht verletzt hat. Wäre ihm
       etwas passiert, man hätte dem starken 2-Meter-Mann gekündigt. Denn
       versichert war er nicht. Eine Versicherung wäre teuer gewesen, weil Grozer,
       seit er im vergangenen Jahr an Durchblutungsstörungen im Schlagarm gelitten
       hat, als Risikoklient gilt.
       
       Der Deutsche Volleyballverband weigerte sich, die Versicherung für Grozer
       zu zahlen. Die gut verdienenden Profis könnten das ruhig selbst machen, so
       die Meinung des Verbands. Grozer, dessen Punkte die DVV-Auswahl erst nach
       London gebracht hatte, sprach während des Turniers von mangelndem Respekt.
       
       Nach der deutlichen Pleite gegen Bulgarien, stand Grozer ratlos in der
       Interviewzone. Der ganze Spaß, mit dem er zum Turnier angereist war, war
       verflogen. Er gab zu, sehr nervös gewesen zu sein, dass er wie die anderen
       in der Mannschaft zu schnell nur noch an sich gedacht habe, daran, die
       eigenen Fehler auszubügeln. „Dann kommt kein Mannschaftsspiel zustande“,
       sagte er. Aus seiner Enttäuschung machte er keinen Hehl. Dabei gewesen zu
       sein, reicht einem wie Grozer nicht. Der 27-Jähgrige will mehr als einen
       fünften Platz bei Olympia.
       
       Trainer Vital Heynen war der einzige an diesem Abend, der der Pleite auch
       etwas Positives sah. „Wenn wir so klar verlieren, dass kann ich den
       Spielern wenigstens sagen, was sie besser machen können.“ Hätten sie ganz
       knapp verloren, wäre das nicht möglich.
       
       9 Aug 2012
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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