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       # taz.de -- Mobiler Wolfsschutz: Hechelnde Hüter aus der Schweiz
       
       > In der Schweiz soll die alte Tradition des Schutzhunds wiederbelebt
       > werden. So sollen Schaf- und Ziegenherden vor Übergriffen von Wölfen
       > bewahrt werden.
       
   IMG Bild: Weiße Riesen: Maremmen-Abruzzen-Schäferhunde.
       
       JEIZINEN taz | Walter Hildbrand kommt ganz schön rum. Im Tessin war er
       kürzlich, in Graubünden, in Bayern. Vielleicht muss er demnächst auch nach
       Schleswig-Holstein. Der Bioschafhalter aus Jeizinen im Schweizer Wallis
       taucht da auf, wo sich Wölfe blicken lassen. Und der 64-Jährige kommt nicht
       allein. Immer hat er seine Hunde dabei, zwei Maremmano-Abruzzesen und zwei
       Border Collies.
       
       Im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Umwelt (BAFU) betreibt er seit fast
       zehn Jahren als zweites Standbein ein Herdenschutzzentrum, das mobile
       Soforthilfe bietet: Er kommt mit Hunden und flexiblen Zäunen, die die
       verängstigte Herde zusammenhalten, und er bleibt, bis der Wolf weg ist.
       
       Rund 15 bis 20 Wölfe leben derzeit in der Schweiz. Menschen kommen sie
       nicht in die Quere. Ein Problem aber ist die „Sömmerungswirtschaft“:
       Tierhalter treiben das Vieh hoch in die Berge auf Alpweiden, wo es den
       Sommer über oft ganz allein bleibt – ohne teure Hirten und Hunde. Dort sind
       die Tiere ein gefundenes Fressen für Wölfe, aber auch Luchse und Bären.
       
       „Schutzhunde sind eine alte Tradition, die in den vielen Jahrzehnten ohne
       Wolf in Vergessenheit geraten ist“, sagt Hildbrand. Aus den Karpaten und
       dem Balkan, wo sich die letzten größeren Wolfsbestände die ganze Zeit
       gehalten haben, weiß er, dass bestimmte Rassen am besten passen: der
       Pyrenäen-Berghund, der Kuvasz, der Tornjak. In der Schweiz hat man sich nun
       auf den Maremmano-Abruzzese festgelegt, eine archaische Hundeart mit dickem
       weißem Fell und einem bärenähnlichen Kopf, rund 70 Zentimeter hoch, um die
       40 Kilo schwer.
       
       Zwischen Hildbrands Schafen fällt er gar nicht auf. „Die Hunde müssen in
       einer Herde wie in einer Familie groß werden“, sagt der Züchter. „Dann sind
       sie mehr an Schafe gebunden als an den Menschen.“ Die Kunst bei der
       Ausbildung ist es, dafür zu sorgen, dass sie trotzdem an der Leine gehen,
       im Auto mitfahren und auch fremde Herden als die eigene annehmen.
       
       ## Herausforderung Wolfsrudel
       
       Allein ihre Anwesenheit soll Raubtiere davon abhalten, die Schafe
       anzufallen. Sie gehen aber auch auf Angreifer los und verfolgen sie.
       Probleme sieht Hildbrand, wenn sich die Schafe zu sehr verteilen, deshalb
       hat er zusätzlich Hütehunde im Team, die Border Collies. „Keine Erfahrung
       haben wir mit ganzen Wolfsrudeln, bei denen ein oder zwei Angreifer die
       Hunde auf sich ziehen“, muss er aber zugeben. „Vermutlich werden wir dann
       auch Hirten brauchen.“ Weil es davon zu wenige gibt, sucht der WWF Schweiz,
       der das Projekt begleitet, für den Sommer Hirtenhelfer für die Bergweiden.
       
       Der Staat zahlt derzeit vergleichsweise großzügige Zuschüsse, knapp 700.000
       Euro stellt allein das Bafu für den Herdenschutz bereit. Trotzdem gibt es
       Konflikte, etwa mit Jägern, die glauben, dass die Hunde das Wild verjagen.
       Und mit Touristen, Wanderern mit eigenen Hunden und vor allem
       Mountainbikern. Denn die Hunde schützen die Herde vor allem, was
       vorbeikommt.
       
       Hildbrand kennt allerdings keinen Fall von ernsthaften Verletzungen: „6.000
       bis 7.000 Bisse von Haushunden werden in der Schweiz jährlich gemeldet, von
       Schutzhunden stammen sechs.“ Aber wenn doch etwas passiert, kocht die
       Volksseele schnell hoch. Allein in den letzten vier Jahren wurden Hildbrand
       neun Hunde vergiftet.
       
       8 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Willms
       
       ## TAGS
       
   DIR Jäger
   DIR Biodiversität
       
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