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       # taz.de -- Attentäter in Sikh-Tempel in Wisconsin: Womöglich wollte er Muslime treffen
       
       > Der Schütze in dem Sikh Tempel in Oak Creek war ein ehemaliger Soldat und
       > laut CNN Mitglied einer Neonazi-Band. Die Polizei spricht von
       > „Inlandsterrorismus“.
       
   IMG Bild: Trauer und Angst: Angehörige versammeln sich nach der Schießerei vor dem Tempel in Oak Creek.
       
       WASHINGTON dpa | Ein Ex-Soldat hat aus womöglich rassistischen Gründen
       einen Sikh-Tempel im US-Staat Wisconsin angegriffen und sechs Menschen
       erschossen. Der 40-jährige Wade Michael Page wurde 1998 wegen wiederholten
       „Fehlverhaltens“ aus dem Militär entlassen, wie Medien unter Berufung aufs
       Pentagon berichteten. Ein Polizist erschoss den Mann, der laut CNN einer
       Neonazi-Musikgruppe angehörte. Womöglich verwechselte er die Sikhs und
       wollte eigentlich Muslime treffen. Die Polizei bestätigte dies zunächst
       nicht. Sie geht bei der Tat in Oak Creek aber von einem „Terrorakt“ aus.
       
       Präsident Barack Obama bekundete seine „tiefe Trauer“. Erst vor zwei Wochen
       hatte ein Kino-Amoklauf in Colorado die USA geschockt.
       
       Die sechs Todesopfer sind fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 39
       und 84 Jahren, wie der Polizeichef von Oak Creek, John Edwards, auf einer
       Pressekonferenz sagte. Zu den Toten zählt auch der Präsident der
       Tempel-Gemeinde, Satwant Kaleka. Drei Menschen wurden bei der Attacke
       schwer verletzt, darunter ein Polizist. Der Schütze habe auf ihn acht- bis
       neunmal aus nächster Nähe gefeuert, bevor ein anderer Polizist den Täter
       erschoss, schilderte Edwards.
       
       Der indische Premierminister Manmohan Singh verurteilte das Massaker
       scharf. Besonders schmerzvoll sei, dass die "sinnlose Gewalttat" an einem
       Ort der Gottesverehrung passiert sei, erklärte Singh, der selber der
       religiösen Minderheit der Sikhs angehört.
       
       ## „9/11“-Tätowierung
       
       Nach Angaben des Polizeichefs gehen die Behörden davon aus, dass der
       Schütze allein handelte. CNN zufolge wohnte der Schütze etwa acht Kilometer
       von dem Tempel entfernt. Er sei ein verschlossener Typ gewesen und habe mit
       seiner Freundin zusammengelebt, hieß es unter Berufung auf Nachbarn.
       
       Spekulationen, nach denen der Todesschütze seine Opfer mit Muslimen
       verwechselt haben könnte, stützen sich unter anderem auf
       Augenzeugenberichte. Demnach soll der Täter eine „9/11“-Tätowierung
       getragen haben, möglicherweise zum Gedenken an die Anschläge vom 11.
       September 2001.
       
       Laut US-Medien spüren viele Mitglieder der Sikh-Gemeinschaft seit den
       Terrorattacken eine wachsende Abneigung. Eine Anhängerin aus der Region
       sagte laut "New York Times", mancher halte Sikhs für Mitglieder der
       radikal-islamischen Taliban, weil viele von ihnen einen Turban tragen.
       
       Der Mann eröffnete das Feuer in dem Tempel am Sonntag, während Gläubige ein
       Mittagessen vorbereiteten. Sikhs sind Anhänger einer religiösen
       Reformbewegung, die im 15. Jahrhundert in Nordindien entstand. Die meisten
       Sikhs leben in Indien, aber auch in Großbritannien und in Nordamerika gibt
       es viele Anhänger. Ihre Zahl in den USA wird auf bis zu 500 000 geschätzt.
       
       Der Präsident der Tempel-Gemeinde in Oak Creek, Satwant Kaleka, versuchte
       nach Angaben von Angehörigen, den Schützen zu überwältigen. Dabei wurde er
       erschossen. „Er war der Beschützer seiner eigenen Leute, ein unglaublicher
       Mensch“, zitierte CNN einen Neffen.
       
       In Indien wurde am Montag in Trauergottesdiensten der Ermordeten gedacht.
       Premierminister Singh kondolierte den Angehörigen und erklärte Indiens
       Solidarität mit allen friedliebenden Amerikanern, die die Gewalt
       verurteilten. Zugleich begrüßte er die Erklärung von US-Präsident Barack
       Obama, der seine Anteilnahme bekundet hatte.
       
       6 Aug 2012
       
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