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       # taz.de -- Inhaftierte Punkband Pussy Riot: Putins Gnade
       
       > Wladimir Putin zeigt sich milde gegenüber der inhaftierten Frauenpunkband
       > Pussy Riot. Liegt es daran, dass London dem Kremlchef mit Vorbehalten
       > begegnet?
       
   IMG Bild: Kann auch ganz lieb sein – wenn er will: Herr Putin.
       
       MOSKAU taz | Die Ergriffenheit war Wladimir Putin anzumerken, als er Tagir
       Chaibulajew umarmte. Der Nordkaukasier aus der Republik Dagestan hatte
       soeben in London eine Goldmedaille im Judo gewonnen. Der Kremlchef ist
       selbst ein begeisterter Judoka, wegen dieses Wettkampfes war er eigens nach
       London gereist. In der Tat muss es für den Präsidenten ein bewegender
       Moment gewesen sein. Sonst macht Dagestan meist nur durch Terroranschläge
       auf sich aufmerksam.
       
       Dieser Moment wird es wohl auch gewesen sein, der Wladimir Putin etwas
       milder stimmte. In Moskau wird über die Frauenpunkband Pussy Riot zu
       Gericht gesessen. Wegen Rowdytums und angeblicher Gotteslästerung droht den
       Frauen bis zu sieben Jahren Haft. Im Heiligtum der orthodoxen Kirche in
       Moskau hatten sie die Mutter Gottes um Hilfe gebeten, Putin für immer zu
       verjagen. Der hatte sich bislang nicht zu dem Fall öffentlich geäußert.
       Dass er jedoch die Anklage forcierte, steht außer Frage, wo die Justiz als
       Erfüllungsgehilfin der Politik auftritt.
       
       „Ich denke, das Urteil sollte nicht zu hart ausfallen“, meinte der
       Präsident in London auf einmal versöhnlich und fügte noch hinzu: „Ich
       hoffe, das Gericht wird zu einem richtigen, gut begründeten Urteil kommen“.
       Die Londoner Botschaft wird auch die Staatsanwaltschaft empfangen haben und
       das Strafmaß für die drei verhafteten Frauen dementsprechend
       herunterschrauben. Die Aktion der Punk-Rockerinnen sei „nicht gut gewesen“,
       die drei jungen Frauen hätten ihre Lektion jedoch bereits gelernt, sagte
       Putin.
       
       Gebetsmühlenartig wiederholte der Kremlchef auch seine Auffassung, dass das
       russische Rechtswesen im Vergleich zu anderen Staaten besonders human wäre:
       Das Recht in anderen Ländern sei viel schärfer. Hätten die drei Punkerinnen
       einen heiligen Ort in Israel gestürmt, müssten sie mit weit härteren
       Strafen rechnen. Im Nordkaukasus – immerhin eine russische Teilregion, in
       der formal russisches Gesetz gilt – würde ihnen sogar die Todesstrafe
       drohen, sagte der Präsident. „Wenn sie irgendeinen heiligen muslimischen
       Ort auf diese Weise entweiht hätten, wäre uns nicht einmal Zeit geblieben,
       sie festzunehmen.“
       
       Auch die Verteidigung der Delinquentinnen wertete Putins Worte als einen
       möglichen „Wendepunkt“ in dem Verfahren, von dem sich Beobachter an
       Hexenprozesse der Inquisition erinnert fühlten. An Aufmerksamkeit steht der
       Prozess dem spektakulären Verfahren gegen den Ölmilliardär Michail
       Chodorkowski vor einiger Zeit schon jetzt nicht mehr nach.
       
       Britische Medien, Künstler, Popgrößen und Politiker solidarisierten sich
       mit den inhaftierten Musikerinnen. Pete Townshend, Pulp-Sänger Jarvis
       Cocker und Neil Tennant von den Pet Shop Boys veröffentlichten am
       Donnerstag in der Times einen offenen Brief, in dem sie die Freilassung der
       seit vier Monaten Einsitzenden forderten.
       
       London geht grundsätzlich mit der autoritären Herrschaft in Russland härter
       ins Gericht als andere Europäer. Es fürchtet Russland nicht. Putin kam als
       Vertreter eines Staates nach London, der wie im Fall des Ex-KGBlers
       Alexander Litwinenko 2006 Gegner auch in anderen Staaten verfolgt und
       ausschaltet. London begegnet Wladimir Putin mit Vorbehalten. Auch das mag
       Putins vorübergehende Güte erklären.
       
       3 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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