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       # taz.de -- Transplantationsskandal in Göttingen: Arzt offenbar Wiederholungstäter
       
       > Ein in den Göttinger Transplantationsskandal verwickelter Arzt ist
       > bereits 2006 in Bayern auffällig geworden. Eine eingehende Untersuchung
       > fand nicht statt – mit verheerenden Folgen.
       
   IMG Bild: Wer dieses Organ wohl kriegt – und zu welchen Konditionen?
       
       FRANKFURT/M. dpa/dapd | Im Skandal um Transplantationen an der Göttinger
       Uniklinik sieht die [1][Deutsche Stiftung Organtransplantation] (DSO)
       mögliche Versäumnisse in Bayern. Den ersten Vorwürfen aus dem Jahr 2006 sei
       nicht genügend nachgegangen worden, kritisierte der Medizinische
       DSO-Vorstand, Prof. Günter Kirste.
       
       Der in den Skandal verwickelte Mediziner sei schon einmal in Regensburg
       aufgefallen, aber damals nicht zur Rechenschaft gezogen worden. „Wenn man
       den Vorfall damals ernst genommen und verfolgt hätte, wäre es
       wahrscheinlich nicht so weit gekommen“, sagte Kirste, der
       Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt.
       
       Kirste bestätigte, dass von dem unter Korruptionsverdacht stehenden
       Göttinger Chirurgen der Pauschalbetrag von 8.800 Euro an die DSO überwiesen
       wurde. Diese Pauschale sei für die Kosten vor einer Transplantation
       vorgesehen, also die Tätigkeit der Koordinatoren, den Entnahme-Chirurg, den
       Transport des Organs und die Laboruntersuchungen und werde jährlich mit den
       Krankenkassen verhandelt.
       
       Es gebe gelegentlich Überweisungen von einem Privatkonto - etwa von selbst
       zahlenden Patienten. „Aber dass das der behandelnde Arzt von seinem
       Privatkonto überweist, das habe ich vorher noch nie erlebt“, sagte Kirste.
       Von der Zahlung habe die DSO die Ständige Überwachungskommission der
       Bundesärztekammer informiert.
       
       ## Sorge um die Spendenbereitschaft
       
       Dieser Skandal müsse mit aller Kraft verfolgt werden, forderte Kirste. „Ich
       hoffe und glaube, dass es keine weiteren Fälle gibt.“ Es sei aber zu
       befürchten, dass die Spendenbereitschaft nachlasse. Die Leidtragenden seien
       wieder einmal die Patienten auf der Warteliste. Die aufgedeckten
       Verfehlungen seien aber kein Organspendeskandal. „Es ist ein Skandal, wie
       einige Ärzte in einem Organtransplantationszentrum gearbeitet haben“, sagte
       Kirste.
       
       Die Organisation der Organspende in staatliche Hände zu legen, hält er
       dennoch für falsch. Damit allein werde Betrug nicht ausgeschlossen. Der
       Mediziner appellierte, sich gerade jetzt für die Organspende zu
       entscheiden. Letztlich sei es der Mangel an Spenderorganen, der derartige
       Auswüchse und Betrügereien fördere - bis hin zum Organhandel im Ausland,
       gegen den ebenfalls mit aller Kraft anzukämpfen sein.
       
       Die in Frankfurt ansässige DSO nimmt Meldungen möglicher Organspender
       entgegen. Sie koordiniert die Organspende und sorgt dafür, dass alle
       medizinischen und organisatorischen Schritte vollzogen werden, damit Organe
       entnommen, an geeignete Patienten vermittelt und transplantiert werden
       können. Rund 12.000 Menschen warten nach Angaben der DSO auf ein
       Spenderorgan, davon brauchen etwa 8.000 eine Niere. Im vergangenen Jahr
       wurden 1.200 Menschen nach ihrem Tod Organe entnommen.
       
       ## Falsche Vergütungssysteme
       
       Unter dem Eindruck des Transplantationsskandals empfiehlt die [2][Deutsche
       Krankenhausgesellschaft], die Vergütungssysteme für Klinikärzte zu ändern.
       Finanzielle Anreize, einzelne Operationen oder andere Leistungen in
       möglichst hoher Zahl durchzuführen, sollen abgeschafft werden, sagte der
       Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Alfred Dänzer, der
       Berliner Zeitung. „Wir empfehlen den Krankenhäusern, Vergütungselemente,
       die auf einzelne Leistungsarten und Operationen Bezug nehmen, auf budgetäre
       Gesamtverantwortungsgrößen umzustellen“, sagte Dänzer.
       
       Zur Aufklärung des Göttinger Organspende-Skandals hat die Union eine
       Sondersitzung des Bundestags-Gesundheitsausschuss gefordert. „Es gibt klare
       Kriterien, nach denen Spenderorgane vergeben werden - der Geldbeutel gehört
       sicher nicht dazu“, sagte Unions-Gesundheitsexperte Jens Spahn der
       Rheinischen Post. Um Vertrauen zurückzugewinnen, sollten die
       Verantwortlichen dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.
       
       Bei dem Skandal sollen in Göttingen zwei Ärzte die Labordaten von dutzenden
       Patienten derart geändert haben, dass ihre Patienten auf den Wartelisten
       für Organe weiter nach oben rückten. Gegen die beiden Mediziner der
       Uniklinik wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und wegen
       möglicher Bestechlichkeit ermittelt.
       
       31 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.dso.de/
   DIR [2] http://www.dkgev.de/
       
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