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       # taz.de -- Wackeliger Waffenstillstand in Tadschikistan: Gefährliche Spannungen
       
       > Nach dem brutalen Vorgehen des tadschikischen Militärs gegen die
       > Opposition drohen neue militärische Auseinandersetzungen. Die Ismailiten
       > fühlen sich nicht sicher.
       
   IMG Bild: Die Schluchten des Pamirgebirges werden zumeist von Ismailiten bewohnt.
       
       BISCHKEK taz | Während die Sicherheitskräfte des zentralasiatischen Staates
       Erfolge bei den Waffenstillstandsverhandlungen mit bewaffneten Gruppen
       vermelden, beschwört die tadschikische Opposition die Gefahr eines
       Wiederaufflammens des ethnischen Konflikts am Pamir herauf. Eine Truppe,
       die ihre Waffen nicht abgeben will, droht mit der Sprengung eines
       natürlichen Gebirgsdammes. Der religiöse Führer der Ismailiten, Karim Aga
       Khan IV., versucht derweil im Konflikt zu vermitteln.
       
       Am 24. Juli hatten tadschikische Armeeeinheiten in Chorog einen
       regelrechten Häuserkampf entfacht, um bewaffnete Gruppen um den ehemaligen
       Oppositionskommandanten Tolib Ajembekow in der Provinzhauptstadt am
       Pamirgebirge unweit der afghanischen Grenze zu entwaffnen und die Mörder
       eines zuvor ermordeten Chefs der staatlichen Sicherheitsdienste zu
       verhaften.
       
       Nach offiziellen Angaben starben bei den Gefechten 30 Kämpfer sowie 17
       Angehörige der tadschikischen Sicherheitskräfte und ein Zivilist, nach
       Quellen von Augenzeugen sollen es auch unter der Zivilbevölkerung Dutzende
       Tote gegeben haben. Den militärischen Einsatz in Wohngebieten bezeichnen
       Beobachter als völlig überzogen.
       
       In den Schluchten des Pamirgebirges leben 200.000 Menschen, die meisten
       davon sind Ismailiten, eine schiitische Sekte, die den in Paris lebenden
       Aga Khan als direkten Nachfolger Mohammeds verehren. Den Ismailiten ist
       jeder religiöser Fanatismus fern. Nach dem Zerfall der Sowjetunion kämpften
       die Pamiris mit der tadschikischen Opposition gegen die Zentralregierung,
       obwohl die Opposition von sunnitischen Islamisten dominiert wurde. Das
       hatte zur Folge, dass Pamiris in der tadschikischen Ebene zu Beginn des
       Bürgerkrieges ermordet wurden. Der Armee gelang es aber nicht, die Berge zu
       erobern.
       
       Der Bürgerkrieg unterbrach jedoch alle Versorgungsrouten in den Pamir. Nur
       ein Notprogramm der Aga Khan Stiftung (AKS) rettete die Menschen in
       Badachschan vor dem Verhungern. Nach dem Friedensschluss 1997 startete die
       AKS Entwicklungsprojekte in der Provinz. Viele Bürgerkriegskommandanten
       behielten jedoch Macht und Einfluss. Sie finanzierten sich durch Drogen und
       Rubinschmuggel. Nach der Ermordung des Sicherheitschefs der Region wollte
       die Regierung die Macht dieser Bandenchefs militärisch brechen und löste
       damit jedoch neue bürgerkriegsähnliche Kämpfe aus.
       
       30 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marcus Bensmann
       
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