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       # taz.de -- Lkw-Maut auf Bundesstraßen: Milliarden für die Staatskasse
       
       > Auf den Autobahnen ist sie schon sieben Jahre Pflicht. Jetzt wird die
       > Lkw-Maut auch auf etliche Bundesstraßen mit Überholspur ausgedehnt. Ist
       > die Milliardenquelle dann ausgeschöpft?
       
   IMG Bild: Teurer Transport: Anwohner fürchten, dass Lastwagen auf Nebenstraßen ausweichen, um die Maut zu sparen.
       
       BERLIN dpa | Der Countdown läuft: Ab diesem Mittwoch, 1. August, Punkt 0.00
       Uhr, gilt die Autobahn-Maut für schwere Lkw auch auf gut ausgebauten
       Bundesstraßen quer durch die Republik - mit einiger Verspätung. Damit soll
       die zuverlässige Einnahmequelle für den Bundeshaushalt noch etwas stärker
       sprudeln. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) kämpft um mehr Geld für
       dringend nötige Investitionen.
       
       Außer auf den knapp 13.000 Kilometern Autobahn müssen Lastwagen ab zwölf
       Tonnen nun auch auf 1135 Kilometern Bundesstraße eine Maut zahlen. Dies
       sind 84 Abschnitte mit vier Fahrspuren, die an Autobahnen angebunden sind -
       von der B 1 bei Dortmund bis zur B 469 bei Stockstadt am Main in Bayern.
       Dafür mussten neue Daten auf die Bordcomputer von 717.000 Lkw gespielt
       werden.
       
       Eigentlich wollte der Bund sogar 2000 Extra-Kilometer einbeziehen, die
       Speicher der Geräte reichten aber nicht. Maut-Schilder werden an den neuen
       Strecken, die in amtlichen Listen veröffentlicht sind, nicht aufgestellt.
       Eine Handvoll Bundesstraßen - bekannte Ausweichrouten - waren schon jetzt
       teils gebührenpflichtig.
       
       Einen Bundesstraßen-Spezialtarif gibt es nicht. Kassiert werden wie auf
       Autobahnen im Schnitt 17 Cent je Kilometer. Damit sollen in diesem Jahr
       noch 40 Millionen Euro hereinkommen, dann jährlich etwa 100 Millionen Euro
       - vorsichtig kalkuliert, wie es im Ministerium heißt. Zugutekommen soll das
       Geld zweckgebunden der Instandhaltung von Fahrbahnen oder Brücken.
       
       ## 30 Millionen Euro jährlich für Toll Collect
       
       „Wir haben einen klaren Nutzen in Form erhöhter Investitionen in das
       Straßennetz“, versichert Ramsauer. Von den Einnahmen gehen aber noch
       Ausgaben ab. Allein rund 30 Millionen Euro bekommt die Firma Toll Collect
       als Betreibervergütung, die mit ihrer satellitengestützten Technik auch die
       Autobahn-Maut managt.
       
       Kontrollbrücken mit Infrarotsensoren, von denen 300 an Autobahnen stehen,
       sind an Bundesstraßen nicht geplant. Überwachen sollen die Mautpflicht
       Streifenwagen des Bundesamts für Güterverkehr. „Der Start kann chaotisch
       werden“, kritisiert SPD-Verkehrsexperte Sören Bartol, da das Streckennetz
       für die Lkw-Fahrer nicht ausgeschildert sei. Ob Brummis häufiger auf
       gebührenfreie kleine Straßen ausweichen, muss sich zeigen. Wenn eine
       komfortable parallele Bundesstraße ebenfalls etwas kostet, dürften viele
       gleich auf der Autobahn bleiben. Ohnehin nehme kaum ein Spediteur
       zeitraubende Umwege durch Orte und Dörfer in Kauf, um Maut zu sparen, heißt
       es in der Branche.
       
       Nachdem der Bundesrat schon im Mai 2011 den Weg geebnet hatte, zogen sich
       die Verhandlungen und damit der Start Monat um Monat hin. So seien dem Bund
       mindestens 150 Millionen Euro entgangen, monierten die Grünen. Dass es so
       kompliziert war, lag vor allem an vertrackten Haftungsfragen. Denn der neue
       Kontrakt sollte klar vom Hauptvertrag über die Autobahn-Maut getrennt
       werden.
       
       ## Streit um sechs Milliarden Euro
       
       Wegen Technikproblemen konnte dieses System nämlich nicht wie geplant 2003,
       sondern erst 2005 starten. Und der Bund und Toll Collect (Gesellschafter:
       Telekom und Daimler), stehen sich immer noch in einem Schiedsverfahren
       gegenüber. Streitwert samt aufgelaufener Zinsen: rund sechs Milliarden
       Euro.
       
       Die Autobahn-Maut ist ein dicker Batzen im Bundesetat. Jährliche Einnahmen:
       zuletzt 4,5 Milliarden Euro. Weil Geld für den Straßenbau fehlt, gibt es
       seit längerem Rufe, die seit 2009 unveränderten Sätze zu erhöhen. Zunächst
       wird aber ein Gutachten vorbereitet. Die SPD diskutiert, ob die Maut nach
       2013 auf alle Bundesstraßen ausgeweitet werden könnte, und fordert wie die
       Grünen eine Maut für Fernbusse.
       
       Ramsauer selbst spielt hartnäckig mit Gedanken an eine Pkw-Maut auf
       Autobahnen, auch wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihn ausgebremst hat.
       Die Betreiberverträge mit Toll Collect laufen bis 31. August 2015. Für die
       Zeit danach wird eine Ausschreibung vorbereitet - die soll sich nicht nur
       auf die derzeitige Satellitentechnik beschränken.
       
       27 Jul 2012
       
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   DIR Logistik
       
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