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       # taz.de -- Kolumne Am Gerät: Die Fackel
       
       > Nicht jeder darf die Fackel tragen. Ein guter oder sportlicher Mensch
       > muss man schon sein. Dann darf man sie auch behalten. Aber taugt sie als
       > Käseraspel?
       
   IMG Bild: Die Fackel ist eine Auszeichnung. Erst begehrt, dann verramscht
       
       Vor fünf Wochen war das Feuer in Kingston upon Hull. Andrew Ellis hat sie
       ein paar Meter durch die Stadt getragen. Der 18. Juni war ein großer Tag
       für ihn. Er durfte die Fackel, in der das olympische Feuer brannte, tragen.
       Nominiert wurde er, weil er ein engagierter Rugbytrainer ist. Nicht jeder
       darf die Fackel tragen.
       
       Ein guter Mensch (David Beckham) oder sportlich (Boris Becker) muss man
       schon sein oder beides (Dr. Thomas Bach) oder prominent (Captain Picard).
       Die Fackel ist eine Auszeichnung. Und die Läufer dürfen sie behalten. Sie
       ist eine Sporttrophäe. Es ist nicht bekannt, welchen Ehrenplatz das Teil in
       Ellis’ Wohnung in Beverley erhalten hat, ob er sie aufstellen oder hinlegen
       will.
       
       Vielleicht ist er auch noch nicht so weit, sie aufzustellen. Vielleicht
       überlegt er noch, welches der 8.000 Löcher im Fackelhalter, die die 8.000
       Fackelläufer repräsentieren sollen, das ist, welches ihn repräsentiert.
       Oder er überlegt, ob sich das Teil, das englische Witzbolde als
       überdimensionale Käserraspel bezeichnet haben, wirklich zum Käseraspeln
       eignet. Wenn er einst einmal das hässliche Teil nicht mehr wird sehen
       können, wird er es vielleicht verkaufen. Er wäre nicht der Erste.
       
       Wer den auch nicht schöneren Fackelhalter des Feuers der Spiele von Atlanta
       kaufen will, der findet sie bei Ebay zum Sofortkaufpreis von 3.000 Dollar.
       Billiger ist – natürlich – der griechische Fackelhalter. Das Teil, das
       nicht viel anders aussieht als ein überdimensionales Stabfeuerzeug ist für
       knapp 900 Dollar zu haben. Besonders teuer ist der kitschig rot geblümte
       Pekinger Feuerhalter, der nicht unter 4.000 Dollar zu haben ist.
       
       Das liegt vielleicht auch an der Geschichte des Fackellaufs nach Peking.
       Der wurde immer wieder von Aktivisten angegriffen, weil China ein
       Unrechtsstaat ist. Ein Fackelhalter wird da schnell zur heißen Ware.
       Feuerstäbe vom ersten olympischen Fackellauf 1936 sind derzeit nicht im
       Angebot. Aber für eine Replik aus Nach-Nazi-Tagen muss man auch schon um
       die 2.000 Dollar hinlegen. Unrecht macht wertvoll.
       
       Als Unrechtsstaat gilt Großbritannien ja nicht. Und die Sponsoringverträge
       mit Giftmischerfirmen machen die Londoner Spiele in den Augen der
       Weltöffentlichkeit auch nicht zu einer Party des Bösen. Das ganz große
       Geschäft wird Ellis nicht machen können mit seiner Trophäe. Vielleicht
       funktioniert das Teil ja doch als Käseraspel.
       
       27 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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