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       # taz.de -- Bundesregierung zu Paraguays Agrar-Putsch: Im Zweifel für die Wirtschaft
       
       > Die Bundesregierung segnet den Agrar-Putsch in Paraguay ab. Deutsche
       > Großgrundbesitzer seien ihr wichtiger, kritisieren Menschenrechtler.
       
   IMG Bild: Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel kam als erster ausländischer Staatsgast nach dem Putsch nach Paraguay und hatte nichts zu beanstanden.
       
       PORTO ALEGRE taz | Als erster ausländischer Staatsgast hatte
       Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel am Tag nach Lugos Absetzung dem
       Nachfolger Franco seine Aufwartung gemacht. Niebel sagte, er sehe keine
       Anzeichen dafür, dass bei dem Regierungswechsel etwas verfassungswidrig
       zugegangen sei.
       
       Senator Sixto Pereira wundert sich noch heute über diese demonstrative
       Unterstützung der Putschisten. „Damit stehen die Deutschen in einer Reihe
       mit den USA, Kanada, dem Vatikan und Taiwan“, sagt Pereira. „Für Washington
       ist der Putsch im überwiegend links regierten Südamerika ein
       geostrategischer Glücksfall, Hillary Clinton hat ihn schon gebilligt.“
       
       Dem kanadischen Bergbaumulti Rio Tinto Alcan hat Franco bereits die
       Genehmigung eines riesigen Aluminiumwerks in Aussicht gestellt; für den
       Vatikan war der „rote Bischof“ Lugo schon immer ein Ärgernis. Aber Berlin?
       „In Paraguay hat die Bundesregierung hat immer für deutsche
       Großgrundbesitzer Partei ergriffen“, sagt Roman Herre von der
       Menschenrechtsorganisation Fian.
       
       Besonders gut habe man das am Umgang mit dem Investor Heribert Rödel
       gesehen. Rödel köderte in den Achtzigerjahren über tausend Kleinanleger mit
       Landkäufen in Paraguay, wurde dafür verurteilt und versuchte nach seiner
       Flucht nach Paraguay indigene Gemeinschaften in der Chaco-Steppe vertreiben
       zu lassen.
       
       ## Deutsche Großgrundbesitzer
       
       Ende letzten Jahres wollte Paraguay endlich einem Urteil des
       Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs von 2006 folgen und dem
       deutschen Großgrundbesitzer jene 14.000 Hektar Land abkaufen, die den
       hundert am Straßenrand kampierenden Indigena-Familien zustehen.
       
       Doch dann machte Rödel, der gerne auf ein deutsch-paraguayisches
       Investitionsschutzabkommen verweist, unter Verweis auf seine „Aktionäre“ in
       Deutschland und der Schweiz einen Rückzieher. „In Berlin sagt man uns
       immer, man wolle sich informell für die Ureinwohner einsetzen“, berichtet
       Herre und fragt: „Sind die Interessen deutscher Großgrundbesitzer wirklich
       wichtiger als die Menschenrechte?“
       
       Es sieht ganz danach aus. Bereits vor dem Putsch gegen Lugo warnte das
       Auswärtige Amt auf seinem Webportal: „Gelegentlich kommt es zu Besetzungen
       auch deutschen Grundbesitzes durch landlose Bauern sowie zu illegalen
       Aneignungen durch Nachbarn“. Unter den neuen Machthabern dürften Rödel & Co
       noch weniger zu befürchten haben.
       
       27 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gerhard Dilger
       
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