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       # taz.de -- Illegale Parteienfinanzierung in Österreich: System Haider demaskiert sich selbst
       
       > Der ÖVP-Chef in Kärnten legt alle Ämter nieder. Er musste vor Gericht
       > zugeben, an Geschäften des Ex-Landeshauptmanns beteiligt gewesen zu sein.
       
   IMG Bild: Geld floss reichlich bei Haiders krummen Geschäften.
       
       WIEN taz | Sein überhöhtes Honorar war von Anfang an für illegale
       Parteienfinanzierung gedacht. Mit diesem Geständnis überraschte der
       Villacher Steuerberater Dietrich Birnbacher am Mittwoch vor dem
       Klagenfurter Landesgericht und löste ein Beben in der Kärntner Politik aus.
       
       Josef Martinz, Chef der ÖVP Kärnten, gab darauf vor dem Richter seine
       Beteiligung zu und trat von allen Ämtern zurück. Es sei ein Fehler gewesen,
       sich mit Jörg Haider einzulassen.
       
       Jörg Haider, damals Kärntens schillernder Landeshauptmann, soll die Idee
       geboren haben, den biederen Wirtschaftsanwalt Birnbacher mit einem
       Scheingutachten für den Verkauf der Hypo Alpe Adria an die Bayern LB zu
       betrauen und mit öffentlichen Mitteln fürstlich zu bezahlen: 12 Millionen
       Euro. Der Deal, so Birnbacher vor dem Richter, sei gewesen, die Summe nach
       Abzug der Steuer zu dritteln: je ein Anteil für ihn, für Haiders BZÖ und
       für die ÖVP.
       
       Der Medienwirbel um das offensichtlich unverhältnismäßige Honorar hätte
       Haider veranlasst, die Summe zu halbieren. Der Öffentlichkeit wurde das als
       heldenhaft ausgehandelter „Patriotenrabatt“ verkauft. Wenig später starb
       Haider den Unfalltod.
       
       Geld floss trotzdem. Josef Martinz gab zu, bei einer Weihnachtsfeier des
       Rotary-Clubs von Birnbacher ein Kuvert mit 65.000 Euro in bar bekommen zu
       haben. Weitere 35.000 gingen an Martinz’ Anwältin. Das BZÖ bekam nichts,
       obwohl, so Birnbacher, Haiders Nachfolger Uwe Scheuch und Finanzlandesrat
       Harald Dobernig eine halbe Million eingefordert hätten. Diese dementieren.
       Aber die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat am Donnerstag Ermittlungen gegen
       sie eingeleitet.
       
       ## Grüner fordert Neuwahlen
       
       Das BZÖ Kärnten heißt inzwischen FPK (Freiheitliche in Kärnten) und
       befindet sich in einer Allianz mit der FPÖ. Deren Chef Heinz-Christian
       Strache hält sich bedeckt. FPÖ-Vizeparteichef Norbert Hofer sieht nur einen
       „Knalleffekt in Richtung ÖVP“.
       
       Rolf Holub, Parteichef der Kärntner Grünen, hatte sich als Vorsitzender
       eines Untersuchungsausschusses monatelang vergeblich abgemüht, das System
       Haider zu demaskieren. Jetzt sieht er sich bestätigt und fordert
       Konsequenzen in Form von Neuwahlen. Obwohl fünf von acht Landesräten vor
       Gericht oder im Visier der Staatsanwaltschaft stehen, sieht Landeshauptmann
       Gerhard Dörfler (FPK) dazu keine Veranlassung: „Neuwahlgetöse klärt ja
       nichts auf.“
       
       Trotzdem wird kaum so schnell Gras über die Sache wachsen. So gilt es zu
       klären, was Josef Martinz mit dem Inhalt des Kuverts gemacht hat. In der
       Parteikasse gibt es dafür keinen Eingangsbeleg. Und ein ganzer
       Rattenschwanz an weiteren Prozessen steht an. Ermittelt wird nicht nur
       gegen die FPK-Spitze, sondern auch gegen drei Sachverständige, die auf
       Drängen von Haider bescheinigten, dass Birnbachers Honorar für sechs Seiten
       angemessen sei.
       
       26 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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