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       # taz.de -- Klarnamen in sozialen Netzwerken: Youtube freundlich, Facebook dreist
       
       > Google und Facebook versuchen die User auf Klarnamen zu verpflichten. Mit
       > verschiedenen Methoden. Mehr aber unterscheidet sich der Tonfall.
       
   IMG Bild: Wer läuft denn da durchs Bild? Wie lautet der Klarname?
       
       BERLIN taz | Die zu Google gehörende Videoplattform Youtube [1][ermuntert
       jetzt ihre User dazu, ihre amtlichen Namen zu verwenden.] Wer ein Video
       unter Pseudonym kommentiert, wird aufgefordert, seinen „vollständigen
       Namen“ zu verwenden. Vor einem Namenswechsel darf man seine Playlists und
       früheren Postings aufräumen. Zudem hält Youtube dem Nutzer die Option
       offen, jederzeit wieder zu seinem alten Nutzernamen zurückkehren.
       
       Google verfolgt eine verhältnismäßig softe Klarnamen-Pädagogik. Der
       Konkurrent Facebook wendet deutlich rigidere und umstrittenere Methoden an,
       um Nutzer zur Eingabe ihrer Klarnamen zu zwingen. Facebook-User berichteten
       von Anfragen, den Klarnamen von Freunden zu bestätigen, die im Verdacht
       stehen sich unter Pseudonym in dem Netzwerk zu bewegen.
       
       Die Pseudonym-Nutzer selbst wiederum wurden aufgefordert, ihren
       Personalausweis einzuscannen und hochzuladen, um ihre Identität zu
       bestätigen. Wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, kann nicht auf sein
       Facebook-Konto zugreifen, berichtete ein betroffener Nutzer. Pflichtet man
       bei und wechselt zu seinem amtlichen Namen, ist – im Gegensatz zu Youtube –
       eine spätere Änderung des Namens nicht mehr möglich.
       
       Googles Schritt deuten die einen als Versuch, das mitunter miserable
       [2][Diskussionsniveau in den Youtube-Kommentarforen] zu heben. Frei nach
       der [3][Internet Fuckwad Theory], derzufolge Anonymität im Netz den
       „Arschloch-User“ hervorbringt, müssten Klarnamen das Verhalten bessern.
       Beiträge wie „es macht so spaß ihn andauernd zu erschießen indem man nur 5
       drückt! :D lachflash~“ würde Youtube-Nutzer SchokoBuschL dann vielleicht
       nicht so leichtfertig posten. Soweit die Theorie.
       
       ## Pseudonym-User diskutieren klüger
       
       [4][Eine Studie der Kommentierplattform Disqus] ergab dagegen, dass gerade
       unter Pseudonymen veröffentlichte Kommentare die besseren sind. 61 Prozent
       der Kommentare, die in Foren unter Pseudonym veröffentlicht wurden, haben
       andere User positiv bewertet. Hingegen wurden nur 51 Prozent der unter
       Klarnamen geposteten Kommentare für gut befunden. Zudem sei die Beteiligung
       von Usern mit Pseudonym viel höher als von jenen, die mit Namen zu erkennen
       geben.
       
       Andere sehen hinter der Klarnamen-Offensive von Google auch eine Maßnahme,
       die Bedingungen für zielgruppengerechte Werbung zu verbessern. Wenn das zum
       hauseigenen Online-Netzwerk Google+ gehörende Profil und das Youtube-Profil
       vereinheitlicht werden, werde das Bild vom Google-Kunden vollständiger und
       wertvoller.
       
       Denn Google erfährt so noch mehr über die Vorlieben seiner Nutzer und kann
       ihn individuell mit Anzeigen bespielen. Ein werbetechnisch kluger Zug von
       Google, hat doch Google+ von Beginn an in seinen Nutzungsbedingungen eine
       strenge Klarnamen-Konvention festgeschrieben. Zuletzt wurden diese sogar
       gelockert. Google, so scheint es, will sich liberal geben, will seinen
       Usern mehr Mündigkeit zubilligen. Und gleichzeitig auf Klarnamen hinwirken.
       
       ## Google weniger restriktiv
       
       Youtube [5][schreibt im eigenen Blog:] Die erste Klarnamen-Initiative im
       März habe ein überwiegend positives Echo hervorgerufen. Um schließlich noch
       das Zugeständnis zu machen: „Trotzdem haben wir verstanden, dass die
       Benutzung des vollen Namens nicht für jeden User adäquat ist.“ Offenbar hat
       Google verstanden, dass es beispielsweise für Youtube-Nutzer in Syrien
       lebensgefährlich sein kann, Bilder von Gewalt und Erschießungen unter dem
       vollständigen Namen zu veröffentlichen – um ein extremes Beispiel
       anzuführen.
       
       Trotz der Ähnlichkeiten in der forcierten Klarnamenpolitik der
       Netzkonzerne: Google pflegt einen anderen Ton: mit der freundlichen
       Vorgehensweise grenzt es sich doch klar von Facebooks Dreistigkeit ab.
       
       26 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://youtube-global.blogspot.de/2012/06/choosing-how-youre-seen-on-youtube.html
   DIR [2] http://www.wired.com/business/2012/07/youtube-google-plus
   DIR [3] http://encyclopediadramatica.se/Internet_Fuckwad_Theory
   DIR [4] http://disqus.com/research/pseudonyms/
   DIR [5] http://youtube-global.blogspot.de/2012/06/choosing-how-youre-seen-on-youtube.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nancy Waldmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Meta
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