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       # taz.de -- Kommentar Syriens Chemiewaffen: Chemische Diplomatie
       
       > Assad dürfte keinen Einsatz von Chemiewaffen geplant haben. Aber es ist
       > klar, dass man mit ihm verhandeln muss. Sonst wird es nur schlimmer.
       
   IMG Bild: Ein Junge in Sanaa wartet auf die Verteilung von Lebensmitteln, er ist einer von rund 8.000 Flüchtlingen im Land.
       
       Das Regime in Damaskus scheint vor nichts zurückzuschrecken. Erst in der
       Nacht zum Mittwoch flogen erstmals Kampfbomber Einsätze gegen Aleppo. Hat
       es noch eine rote Linie? Regierungssprecher Jihad al Maqdissi beteuerte
       diese Woche: „Chemische oder biologische Waffen werden in der syrischen
       Krise nie zum Einsatz kommen, egal wie sie sich entwickelt.“ Er fügte
       jedoch warnend hinzu: „Außer, Syrien sieht sich einer Aggression von außen
       gegenüber.“
       
       Maqdissi reagierte auf Warnungen mehrerer Akteure. Syriens Opposition
       erklärte, die Armee mobilisiere ihre C-Waffen und zeigte auf Youtube
       Videos, wie man aus Plastikflaschen, Aluminiumdosen und Kohlefiltern
       Gasmasken basteln kann. Jordaniens König Abdallah II. warnte, Giftgas könne
       in die Hände von Al Qaida fallen. Und Israels Verteidigungsminister Ehud
       Barak drohte mit einem Präventivschlag, der verhindern solle, dass Giftgas
       in die Hände der libanesischen Hisbollahmiliz gelangt. Maqdissis Aussagen
       waren kaum dazu geeignet, diese Sorgen zu besänftigen. Im Gegenteil: Sie
       unterstrichen die Gefahr. Denn nun wurde offiziell bestätigt, dass Damaskus
       chemische Waffen besitzt.
       
       Laut mancher Berichte verfügt Damaskus über einen der größten Bestände an
       C-Waffen weltweit. Maqdissi selbst sprach von biologischen Waffen. Bisher
       wurde angenommen, dass Damaskus diese nicht besitzt. Maqdissis Aussagen
       schienen den Einsatz von Giftgas sogar vorzubereiten. Er sorge sich,
       ausländische Mächte könnten „Terrorgruppen“ mit biologischen Waffen
       ausstatten, damit diese „in einem der Dörfer anwenden und dann – Gott
       behüte – das syrische Regime dafür verantwortlich machen.“
       
       ## Bedrohung von außen ist da
       
       Diese rhetorischen Kniff kennen wir bereits: Schon heute warnen staatliche
       Medien vor „Terroristen, die die Armeeuniformen anlegen und Massaker
       verüben, um die Regierung anzuschwärzen“, um die von Assads Anhängern
       verübten Massenhinrichtungen Gegnern anzulasten.
       
       Bedrohung von außen ist längst gegeben. Zudem bezeichnet das Regime die
       Unruhen im Land nicht als Volksaufstand, sondern als Komplott fremder
       Mächte. Man kämpfe gegen ausländische Terroristen, die Geld, Waffen und
       Anweisungen vom Ausland erhalten. Die „Aggression von außen“, die den
       Einsatz der C-Waffen „rechtfertigt“, ist also längst da. Nicht nur Israel,
       Jordanien und die USA, selbst Russland war deswegen so besorgt, dass es
       seinen engen Verbündeten in die Schranken wies: Man gehe davon aus, dass
       Syrien sich „strikt an seine internationalen Verpflichtungen halten“ werde,
       teilte Moskau mit.
       
       In der arabischen Welt gibt es zwar Präzedenzfälle für den Einsatz von
       Giftgas: Ägypten nutzte es im Krieg gegen Monarchisten im Jemen, der Irak
       gegen den Iran und gegen kurdische Staatsbürger. Dennoch dürfte Assad
       vorerst keinen Giftgaseinsatz geplant haben. Vielmehr wollte er anderen
       Staaten, die sich immer offener in Syrien einmischen, vor Augen führen,
       dass er zwar schwächelt, aber immer noch genug Schaden anrichten kann.
       Israel reagierte, indem es klar seine roten Linien markierte und mit Krieg
       drohte, falls Massenvernichtungswaffen in die falschen Hände gerieten.
       
       Weder Assad, Israel, noch die Hisbollah haben Interessen an einem
       verheerenden, nicht-konventionellen Krieg. Das Gerede über C-Waffen scheint
       eher ein klassisches Beispiel „chemischer Nahostdiplomatie“.
       
       25 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gil Yaron
       
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   DIR Schwerpunkt Syrien
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