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       # taz.de -- Murdoch verlässt Aufsichtsrat: Strategischer Rückzug des Patriarchen
       
       > Rupert Murdoch verlässt den Aufsichtsrat und macht so den Weg frei für
       > eine Umstrukturierung des Konzerns. Der Verkauf der Boulevardblätter wird
       > erwartet.
       
   IMG Bild: Rückzug auf Raten: Rupert Murdoch und sein Sohn Lachlan im Juli 2012.
       
       Rupert Murdoch zieht sich aus dem Aufsichtsrat seiner britischen Filiale
       News International zurück. Das gab der 81 Jahre alte australische Medienzar
       am Samstag in einer firmeninternen Mail bekannt. Er bleibt aber Chef des
       US-Mutterunternehmens News Corporation.
       
       Es handle sich lediglich um die „Vorbereitung auf eine Neustrukturierung
       des Unternehmens“, sagte ein News-International-Sprecher am Wochenende.
       Murdoch hat vorige Woche auch die Aufsichtsratsposten in einem Dutzend
       seiner Unternehmen in den USA, in Australien und Indien aufgegeben. Ende
       Juni hatte er erklärt, dass das Unterhaltungs- und das Verlagsgeschäft
       künftig in getrennten Unternehmen geführt werden sollen. Der
       Trennungsprozess wird rund ein Jahr dauern.
       
       Das Film- und Fernsehgeschäft (u. a. Fox-TV-Sender, Filmstudio 20th Century
       Fox, Sky Deutschland) bringt dem Konzern jährlich Umsätze von mehr als 20
       Milliarden Dollar ein, die 170 Zeitungen und Buchverlage bringen nur knapp
       9 Milliarden.
       
       Die Aufspaltung hängt eng mit der Korruptionsaffäre bei der Sun und dem
       Abhörskandal bei der News of the World zusammen. Journalisten des
       Boulevardblatts hatten jahrelang Telefone von Prominenten und weniger
       Prominenten angezapft. Als das ganze Ausmaß voriges Jahr bekannt wurde,
       machte Murdoch das Blatt kurzerhand dicht. Die Ermittlungen haben bislang
       zur Festnahme von Dutzenden von Murdochs Angestellten geführt. Bis Ende
       Juli wollen die britischen Behörden entscheiden, ob frühere
       News-of-the-World-Journalisten, u. a. auch die früheren Chefredakteure
       Rebekah Brooks und Andy Coulson, Premierminister David Camerons ehemaliger
       Pressesprecher, angeklagt werden sollen.
       
       ## Einfluss eingebüßt
       
       Murdochs Sohn James, der früher als Kronprinz galt, ist seit dem Versuch,
       die Abhöraffäre zu vertuschen, angeschlagen und hat keine Chance, den
       künftig eigenständigen Verlagszweig wie geplant zu leiten. Die Investoren
       von News Corporation werden das nicht zulassen.
       
       Aufgrund der Skandale hat Rupert Murdoch seinen politischen Einfluss in
       Großbritannien eingebüßt. Zur Zeit der Labour-Regierungen war er eng mit
       den Premierministern Tony Blair und Gordon Brown befreundet. Im Mai
       bescheinigte ihm ein Londoner Parlamentsausschuss nun, dass er ungeeignet
       sei, ein großes Unternehmen zu führen. Es ist zu erwarten, dass er seine
       britischen Zeitungen Sun, Sun on Sunday, Times und Sunday Times demnächst
       verkaufen wird. Zuvor steht das große Aufräumen bei der Times an, bis zu
       hundert Jobs sind gefährdet. Das Blatt macht nach Schätzungen bis zu 60
       Millionen Pfund Verlust im Jahr und kann sich nur wegen der erfolgreichen
       Boulevardblätter Sun und Sun on Sunday über Wasser halten.
       
       Murdoch hatte seine britischen Unternehmen seit den sechziger Jahren als
       Direktor und Aufsichtsrat geführt. Sein Rücktritt läutet seinen Abschied
       von der Insel ein. Samstagnacht rechnete er auf Twitter mit Großbritannien
       ab. Die Menschen denken nur noch an ihren Anspruch auf staatliche
       Unterstützung, schrieb er, die Schulden des Landes wachsen stetig und es
       sei wohl zu spät, diese Kultur zu ändern und neue Energien aufzubringen.
       
       Aber auch in den USA wächst der Druck auf Murdoch. Bei der
       Jahreshauptversammlung von News Corporation im Herbst wird es mit
       Sicherheit Forderungen nach seinem Rücktritt geben. Vorige Woche wurde
       bekannt, dass 18 Hauptaktionäre, darunter Pensionskassen und
       Versicherungen, einen Brief unterzeichnet haben, in dem sie Murdoch
       auffordern, sich aus dem Unternehmen, das er vor 60 Jahren gegründet hat,
       zurückzuziehen.
       
       23 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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