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       # taz.de -- NPD-Verbotsverfahren: Streit um den rechten Rand
       
       > CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl glaubt nicht an ein erfolgreiches Verbot
       > der NPD. Die Opposition erklärt genau diese Haltung zum eigentlichen
       > Problem im Umgang mit der Partei.
       
   IMG Bild: Nicht verboten zwar, aber auch nicht überall beliebt: Rostocker begrüßen am vergangenen Dienstag NPD-Funktionäre auf Werbetour.
       
       BERLIN dapd | Nach der Vernichtung brisanter Akten des Verfassungsschutzes
       sieht die Union die Chancen für ein Verbotsverfahren gegen die
       rechtsextreme NPD offenkundig gänzlich schwinden.
       
       Das Material des Geheimdienstes, welches dem Verfassungsgericht in einem
       NPD-Verbotsverfahren vorgelegt werden müsse, sei „natürlich angreifbarer
       als früher“, sagte CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl der Berliner Zeitung.
       Damit habe sich ein solches Verfahren „so gut wie erledigt“.
       
       Uhl fügte hinzu, nunmehr würden sich die Anwälte der NPD die Affäre zunutze
       machen, um die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes und seiner Quellen
       in Zweifel zu ziehen. Dem sei schwer zu begegnen.
       
       Im Zuge der parlamentarischen Aufklärung der Mordserie des
       Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) war bekanntgeworden, dass noch
       nach Auffliegen der Terroristen im November 2011 Akten des
       Verfassungsschutzes zur rechtsextremen Szene vernichtet wurden. Die
       Innenminister von Bund und Ländern prüfen gerade, ob ein neuerliches
       Verbotsverfahren gegen die NPD angestrengt werden kann.
       
       In Karlsruhe war 2003 ein erster Versuch gescheitert, da einige V-Leute des
       Verfassungsschutzes in den Spitzengremien der Partei zu finden waren.
       Inzwischen hat die Innenministerkonferenz beschlossen, die V-Leute
       abzuziehen. Rechtsexperten bezweifeln trotzdem, ob ein Verbot der NPD vor
       Gericht Bestand hat.
       
       ## Opposition reagiert empört
       
       Die Opposition kritisierte die Äußerungen Uhls scharf. „Die Bundesregierung
       sollte Beweise für ein Verfahren sammeln, Verfahrenshindernisse beseitigen
       und die Aussichten eines NPD-Verbotes prüfen und es nicht schon vorher
       kaputtreden“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth am Montag in Berlin. Es
       dürfe nicht sein, dass „mit der Unterstützung des Innenministeriums die
       Chancen für ein NPD-Verbot ohne ausführliche Prüfung einfach
       weggeschreddert werden“.
       
       Bundestagsvizepräsidentin und Linke-Innenexpertin Petra Pau attackierte die
       Union, die „das lauthals verkündete NPD-Verbot nie ernsthaft gewollt“ habe.
       „Anderenfalls hätte die unsägliche V-Leute-Praxis spätestens 2003 beendet
       werden müssen“, sagte Pau. Sie kritisierte zudem die Zustände beim
       Verfassungsschutz: „Praktisch rangierte beim Verfassungsschutz das Wohl von
       V-Leuten offenbar höher, als die Aufklärung einer Mordserie“, sagte Pau.
       Dies mache den Verfassungsschutz „nicht angreifbar, wie Uhl meint, sondern
       gefährlich und überflüssig“.
       
       Ein Sprecher des Innenministeriums sagte in Berlin zu einem möglichen
       NPD-Verbotsverfahren, man befinde nach wie vor in der „Sammelphase“. Die
       Innenminister von Bund und Ländern hatten im Frühjahr beschlossen, neues
       belastendes Material zu sichten. Ziel ist es, die Verfassungsfeindlichkeit
       der NPD nachzuweisen. Im Herbst werde über das weitere Vorgehen beraten,
       kündigte der Sprecher an.
       
       23 Jul 2012
       
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