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       # taz.de -- Kommentar Waffenbesitz in den USA: Amerikas tödliche Lobby
       
       > Auf absehbarer Zeit wird es in den USA keine Gesetze geben, die den
       > Waffenbesitz einschränken. Die Waffenlobby ist viel zu mächtig. Sie wird
       > auch künftig neue Gesetze verhindern.
       
       Man kann ohne Risiko ein Monatsgehalt darauf wetten, dass auch die Bluttat
       von Colorado nicht dazu führt, dass sich an den Waffenkontrollgesetzen in
       den USA in absehbarer Zeit irgendetwas ändert.
       
       Das liegt an der Stärke der Waffenlobby der National Rifle Association
       (NRA) und an der Führungsschwäche der Politiker, die sich nicht trauen,
       sich mit der NRA anzulegen.
       
       Wie mächtig die NRA inzwischen ist, hat sie gerade erst wieder gezeigt, als
       sie das Repräsentantenhaus dazu brachte, Justizminister Eric Holder zu
       rügen, weil er angeblich die misslungene „Fast & Furious“-Operation zur
       Verfolgung des Waffenschmuggels aus den USA nach Mexiko nur angezettelt
       habe, um neue Waffengesetze durchzubringen. Hanebüchener Unsinn, aber
       mehrheitsfähig.
       
       So prompt wie nach jedem neuen Massaker Forderungen nach strikterer
       Kontrolle kommen, so reflexhaft kritisieren NRA und die anderen
       Waffenfetischisten, die Waffengegner wollten aus dem Blut der
       bedauernswerten Opfer politisches Kapital schlagen. Das ist bigott und
       zynisch, funktioniert aber politisch.
       
       Ein Hauptargument der Waffenlobby ist stets gleich: Wenn der private
       Waffenbesitz eingeschränkt wird, dann wird es für gesetzestreue Bürger
       schwieriger, sich eine Waffe zu besorgen; Kriminelle jedoch hätten damit
       kein Problem.
       
       Angesichts der Millionen von Schusswaffen, die bereits jetzt in den USA
       unterwegs sind, dürfte Letzteres stimmen. Aber es ist bestenfalls die halbe
       Wahrheit.
       
       Denn es scheint ebenfalls offensichtlich, dass der unproblematische Zugang
       zum tödlichen Werkzeug erst Kriminelle produziert. Wer einfach nur in den
       nächsten Laden gehen muss, um sich alles zu beschaffen, was der
       Massenmörder in spe braucht, dem wird der Weg von der Depression zum
       blutigen Nachrichtenaufmacher schlicht zu einfach gemacht.
       
       Amokläufe sind in den USA viel häufiger, als wir denken – die meisten davon
       erreichen allerdings wenigstens in Europa nicht die Nachrichtenmedien und
       laufen auch in den USA nur als Kurzmeldungen.
       
       Und was es für das Sozialverhalten bedeutet, in Selbstverteidigungsabsicht
       bewaffnet herumzulaufen, zeigte zuletzt der Fall des in Florida von einem
       privaten Wachmann erschossenen schwarzen Jugendlichen.
       
       Eine Waffe zu tragen verleiht Macht. Waffen töten nicht, das machen
       Menschen. Aber die Verfügbarkeit von Waffen macht Menschen zu Mördern, die
       sonst keine wären.
       
       22 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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