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       # taz.de -- Die CDU und die ENBW-Affäre: Todesküsse in Stuttgart
       
       > Die Mappus-Affäre sorgt in der CDU in Baden-Württemberg für Zoff: die
       > Vergangenheit diskutieren oder in die Zukunft schauen? Und auch die
       > Bundes-CDU hat Angst.
       
   IMG Bild: Damals war die Mappus' Welt noch in Ordnung: Karneval 2010.
       
       BERLIN/STUTTGART taz | Als einziges Mitglied der Südwest-CDU hat er aktuell
       keine Sorgen. „Wie sich die anderen in der CDU gerade fühlen, weiß ich
       nicht. Ich habe bisher mit keinem gesprochen“, sagt Uli Burchardt. „Ich
       fühle mich auf jeden Fall gut.“ Am vergangenen Wochenende gewann der
       41-jährige CDU-Kandidat im zweiten Durchgang die Oberbürgermeisterwahl in
       Konstanz. Der Exmanager des Edelhändlers Manufactum hat gezeigt, dass
       Schwarze in einem grünem Umfeld noch Wahlen gewinnen können. Doch eins ist
       wichtig: Sie müssen dafür Abstand von den Clans der Baden-Württemberg-CDU
       halten.
       
       Vier Tage vor Burchardts Wahltriumph hatte die Stuttgarter
       Staatsanwaltschaft bekannt gegeben, wegen des Verdachts der Untreue gegen
       den abgewählten Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) zu ermitteln. Er
       soll für Aktien des Energiekonzerns EnBW zum Schaden des Landes deutlich zu
       viel gezahlt haben.
       
       All dies konnte Burchardt erfolgreich auf Distanz halten. „Ich bin nicht
       als CDU-Kandidat angetreten.“ Auf seine Unabhängigkeit habe er viel Wert
       gelegt. „Damit war das für mich kein Thema. Darauf bin ich auch nie
       angesprochen worden.“ Auch jetzt wird er sich weiter fernhalten. Zumindest
       plant Burchardt nicht, am Samstag zum Landesparteitag in Karlsruhe zu gehen
       – aus zeitlichen Gründen. Trotzdem würde er sich etwas wünschen. „Ich finde
       es wichtig“, sagt Burchardt, „dass die CDU diesen Prozess offen angeht,
       Fehler analysiert und für die Zukunft Konsequenzen daraus zieht.“
       
       Doch ob es eine offene Selbstkritik wirklich geben wird, ist unklar.
       Derzeit ringen zwei Lager miteinander darüber, wie mit der Affäre Mappus
       umzugehen ist. Es sind im Südwesten altbekannte Cliquen: auf der einen
       Seite die Anhänger des ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel samt
       seinem Zögling Mappus. Zu diesem Flügel gehört etwa der Chef der
       Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. Auf der anderen stehen die
       Anhänger des heutigen EU-Kommissars Günther Oettinger, der nach Teufel
       Regierungschef war.
       
       Ein Gefährte Oettingers ist Peter Hauk. Er ist Fraktionschef im Landtag und
       war dies schon zu Mappus-Zeiten. Zusammen mit Landeschef Thomas Strobl –
       unter Mappus Generalsekretär – hat er Mappus zuletzt nicht nur hart
       attackiert, sondern war zugleich bemüht, sich so weit wie möglich von ihm
       zu distanzieren. Er bezeichnete Mappus als Autokraten und sagte, es sei
       scheinheilig, „Geschlossenheit zu demonstrieren, wo keine ist“.
       
       ## Es könnte bizarre Szenen auf dem Parteitag geben
       
       Auch Landeschef Strobl sagte vor dem Parteitag: „Wir müssen die Fehler der
       Vergangenheit offen ansprechen und uns einer ehrlichen Diskussion stellen.“
       Es werde nichts unter den Teppich gekehrt. Manche Christdemokraten
       befürchten deshalb, dass es am Samstag zu bizarren Szenen kommen könnte:
       Erst könnte Strobl Selbstkritik üben, dann könnte Volker Kauder Mappus
       verteidigen. Denn beide Redner, das sieht die Parteitagsregie vor, folgen
       direkt aufeinander.
       
       Kauder und andere Mappus-Verteidiger wollen das Thema lieber kleinhalten
       und fordern ein geschlossenes Auftreten. Der Landesverband dürfe sich keine
       rückwärtsgewandte Diskussion aufdrängen lassen, riet Kauder Anfang der
       Woche. Er lobte Mappus, der als Ministerpräsident „eine Reihe wichtiger
       Entscheidungen vorangebracht“ habe. Lieber den Blick nach vorne richten als
       alte, schmutzige Wäsche waschen, lautete Kauders Botschaft. Mappus und der
       mächtige Unions-Fraktionschef können gut miteinander. Kauder hatte sich
       persönlich vor zwei Jahren dafür starkgemacht, dass der andere auf
       Oettingers Posten nachrückt – und ist Patenonkel von Mappus’ ältestem Sohn.
       
       In der Bundes-CDU treibt nun manche Strategen die Sorge um, Mappus delikate
       Amtsführung könnte auch der gesamten Partei und dem 2013 beginnenden
       Bundestagswahlkampf schaden. Als einer der Ersten formulierte diese
       Befürchtung ausgerechnet Günther Oettinger. Die Ermittlungen der
       Staatsanwaltschaft gegen Mappus und der Schadenersatzprozess könnten „weit
       in das Jahr 2013 hineinreichen“, sagte er dem Spiegel. Neue peinliche
       Enthüllungen könnten die eigene Wählerschaft verprellen – in einem Teil der
       Republik, der für die CDU jahrzehntelang eine unangreifbare Bastion war.
       
       Hinzu kommt, dass auch andere starke Landesverbände schwächeln. Auch
       Nordrhein-Westfalens CDU muss sich erst mal von dem Wahldesaster erholen,
       das sie unter Norbert Röttgen erlitt. Ein Vorstandsmitglied sagt mit Blick
       auf 2013: „Der Zustand unserer Landesverbände bereitet mir große Sorgen.“
       
       20 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR N. Michel
   DIR U. Schulte
       
       ## TAGS
       
   DIR Stefan Mappus
       
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