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       # taz.de -- Blockaden gegen Dateitausch-Seite: Unblockierbare Piratenbucht
       
       > Provider in mehreren Ländern sollten das Filesharing-Portal The Pirate
       > Bay sperren. Der Dateitausch hat trotzdem nicht abgenommen. Sind
       > Netzblockaden wirkungsvoll?
       
   IMG Bild: Unblockierbar: Filesharer-Piraten.
       
       KÖLN taz | Die Webseite ist mehr als eine Plattform, sie ist ein Fanal. The
       Pirate Bay ist seit seiner Gründung 2003 ein Vorreiter in Sachen
       Dateientausch. Über fast ein Jahrzehnt können hier Internetsurfer
       zuverlässig kostenlos fast alle digitalen Dateien finden, die anderswo
       kostenpflichtig angeboten werden: Software, Filme, Hörbücher und
       Pornografie. Über Jahre hatte die Musik- und Filmindustrie geklagt,
       Gesetzesänderung gefordert, Lobbyarbeit betrieben – lange vergeblich. Auch
       nach der Verurteilung der Gründer bleibt das Piraten-Portal online – und
       verhöhnt alle, die die Seite angreifen.
       
       In den letzten Monaten hatten Film und Musik-Industrie endlich Erfolge zu
       melden: Zwar ist The Pirate Bay immer noch online. Doch immerhin konnten
       die Industrieverbände in den vergangenen Monaten sowohl in den Niederlanden
       als auch in Großbritannien die Provider gerichtlich dazu verpflichten, die
       Seite zu blockieren.
       
       Doch das eigentliche Ziel – die Reduzierung des illegalen Dateientauschs –
       haben diese Maßnahmen offenbar verfehlt. So publizierte der niederländische
       Provider XS4ALL [1][Anfang Juli eine Auswertung] der eigenen Statistiken.
       Demnach hat der Datenverkehr über das Filesharing-Protokoll Bittorrent
       nicht etwa abgenommen, sondern sogar zugenommen. Gleiches beobachten auch
       andere niederländische Provider. Ein britischer Provider [2][berichtet der
       BBC] zwar von einer kurzfristigen Abnahme, aber kurz danach sind die
       Filesharer wieder unvermindert dabei, Musik und Filme kostenlos zu
       tauschen.
       
       Die Daten der Provider sind nicht vollständig. Um genau zu ermitteln, wie
       viel in ihren Netzen getauscht wird, müssten sie alle Datenpakete
       analysieren und aufzeichnen – das wäre nicht nur aufwändig, sondern auch
       ein tiefer Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Aber die Provider können
       analysieren, wie viele Anfragen an bestimmte Netzadressen gerichtet werden
       und damit Rückschlüsse auf den Verkehr ziehen.
       
       Die Technische Universität in Delft wählte im Frühjahr den umgekehrten Weg:
       Sie untersuchte die Filesharing-Aktivitäten über The Pirate Bay und
       analysierte, wie oft dabei IP-Adressen bestimmter Provider auftauchten.
       [3][Das Ergebnis:] Provider, die das Portal blockieren, tauchen in den
       Stichproben nicht seltener auf als Provider ohne Blockade.
       
       ## Danke für die Gratis-Werbung
       
       Netzblockaden werden immer gefordert, wenn es um die Übel geht, die man im
       Netz findet. In Deutschland waren die Internetsperren gegen
       Kinderporno-Seiten kurzzeitig Gesetz, wurden aber von der schwarz-gelben
       Koalition zugunsten einer besseren Zusammenarbeit bei der Verfügung der
       Täter abgeschafft. Noch in Kraft sind die Sperren bei vielen
       nordrhein-westfälischen Providern, die seit 2002 auf Anordnung der
       Bezirksregierung den Zugang zu zwei Neonazi-Seiten sperren müssen. Einziger
       Effekt bisher: Die Betreiber bedankten sich bei der Bezirksregierung für
       die Gratis-Werbung.
       
       Unterdessen versuchen Provider auch Google für die Unterbindung von
       Filesharing in Anspruch zu nehmen. Dass der Suchmaschinenkonzern auf Zuruf
       der Rechteindustrie Zehntausende Links aus seinem Index löscht, war im Juni
       bekannt geworden, als die Redaktion [4][heise online] die Löschung eines
       ihrer Artikel aus dem Google-Index bemerkte – Microsoft hatte den Artikel
       aus Versehen löschen lassen.
       
       Französische Richter entscheiden nun, ob Google auch die eigene
       Vorschlagsfunktion in den Kampf gegen Filesharing einbeziehen muss: Wer den
       Namen eines Künstlers eingibt, soll nicht durch die Ergänzungen wie
       „torrent“ direkt zu vermeintlich illegalen Angeboten geführt werden.
       
       20 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://blog.xs4all.nl/2012/07/04/torrents-toegenomen-sinds-blokkade-pirate-bay
   DIR [2] http://www.bbc.co.uk/news/technology-18833060
   DIR [3] http://www.uva.nl/actueel/nieuws/nieuws.cfm/E23822A1-C772-4CD8-A21DA2E6A0A1E7AC
   DIR [4] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Heise-Artikel-bei-Google-versehentlich-geloescht-1615031.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Torsten Kleinz
       
       ## TAGS
       
   DIR Pirate Bay
   DIR Schwerpunkt Urheberrecht
       
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