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       # taz.de -- Testspiel Babelsberg-St. Pauli: Linke unter sich
       
       > Das Duell SV Babelsberg - St. Pauli bot abseits des Spielfeldes mehr als
       > auf dem Rasen.
       
   IMG Bild: So gehts in die neue Saison: Das aktuelle Team des SV Babelsberg.
       
       Zwischendurch hätte man denken können, man befände sich auf einer Demo.
       Laute „Alerta, Alerta, Antifascista“-Rufe, die durch den Stadtteil dröhnen,
       lassen in der Regel eher an Straßenkampf denn an ein Fußballspiel denken.
       In diesem Fall aber kamen sie aus zwei Fankurven: jenen des SV Babelsbergs
       und des FC St. Paulis. Beide Vereine trugen am Freitagabend ein
       Freundschaftsspiel aus. Und beide Vereine verbindet eine innige Beziehung:
       Links, rebellisch, radikal geben sich Fans wie Clubs. So wurde die Fanparty
       abseits des Feldes ähnlich wichtig wie das Spiel an sich.
       
       Dabei hatte auch das Testspiel, das die Gäste aus Hamburg mit 2:1 für sich
       entschieden, seinen sportlichen Reiz: Für die Babelsberger war es der
       letzte wichtige Test vor der am Samstag beginnenden Hinrunde der 3. Liga
       und damit der ersten Saison unter dem neuen Coach Christian Benbennek.
       Während dessen Team in der ersten Hälfte zurückhaltend agierte, zeigte man
       in der zweiten Halbzeit eine gute und mutige Vorstellung. „Wir gehen
       entschlossen und mit Lust auf die Liga in die Saison“, sagte Benbennek nach
       der Partie.
       
       Für positive Stimmung in der Mannschaft und im Club zu sorgen ist die erste
       schwierige Aufgabe des 39-Jährigen. Denn das Umfeld ist auch zwei Monate
       nach der Trennung von dem erfolgreichen Trainer Dietmar Demuth nicht zur
       Ruhe gekommen. Fans wie Sympathisanten verstehen den Grund für die
       Beurlaubung Demuths, die wohl vor allem von Geschäftsführer Klaus
       Brüggemann vorangetrieben wurde, bis heute nicht. „Die Trainerentlassung
       hat sehr viel Unruhe hier reingebracht“, sagte eine Vereinsmitarbeiterin
       der taz. Einige Vorstandsmitglieder gingen, Vereinsangestellte verließen
       den Club.
       
       Die Mannschaft selbst scheint keinen großen Schaden genommen zu haben, so
       viel jedenfalls zeigte der Test gegen St. Pauli. Zwar versteckte man sich
       in den ersten 45 Minuten, die Reaktion nach der Pause aber, wo man St.
       Pauli über weite Strecken im Griff hatte, ließ hoffen. Hier fiel vor allem
       Neuzugang Oliver Kragl im Mittelfeld auf. Auch der Wiederkehrer Süleyman
       Koc, der nach einer Haftstrafe im offenen Vollzug bei den Babelsbergern
       spielt (taz vom 5. Juli), könnte eine gute Rolle spielen. Vom in der
       letzten Saison lange verletzten Mittelfeldmann Christian Groß wird man
       ebenfalls einiges erwarten dürfen. „In der ersten Hälfte waren wir
       ängstlich. Angst können wir aber nicht gebrauchen“, so Benbenneck.
       
       Für den Verein könnte die nächste Runde eine Schlüsselsaison werden. Denn
       folgt den Querelen um den ehemaligen Trainer nun auch noch der sportliche
       Absturz, wird der Klub es bei den Fans sehr, sehr schwer haben. Gerade jene
       kreative, unnachgiebige Fanszene aber prägt den Club entscheidend. Dass die
       Saison sportlich keine einfache wird, ist auch klar: Die dritte Liga ist so
       stark besetzt wie noch nie.
       
       Wenn das Team so viel Leidenschaft zeigt wie seine Fans, wird es keine
       Probleme geben. Die feierten mit dem „Ultrash“-Festival eine
       After-Kick-Party mit Punk- und Skabands, bei der die Fanfreundschaft
       begossen worden sein dürfte. Jedenfalls zogen die schwarzen Horden
       reihenweise Richtung FreiLand-Gelände nach Potsdam. Und wie die Straßen
       sich da mit Punks und linkem Volk füllten, hätte man fast wieder meinen
       können, man wäre auf einer Demo. JENS UTHOFF
       
       15 Jul 2012
       
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   DIR Haftstrafe
       
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