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       # taz.de -- Kommentar JP Morgan: Falsche Wette abgeschlossen
       
       > Man könnte sich freuen über den Milliardenverlust von JP Morgan, doch
       > deren Verlust ist der Gewinn von anderen Spekulanten. Die Probleme der
       > Branche reichen tiefer.
       
       Da kommt Schadenfreude auf: Die US-Investmentbank JP Morgan hat inzwischen
       Spekulationsverluste von 5,8 Milliarden Dollar eingefahren. Denn die Bank
       hat auf bestimmte Kreditderivate gewettet und sich dabei dämlich
       angestellt. Sie hat in einem engen Markt zu große Positionen aufgebaut.
       
       Auf den ersten Blick könnte es so wirken, als ob dieser Milliardenflop
       nicht mehr als ein amüsantes Einzelereignis wäre, das nichts über die
       strukturellen Trends der Branche verraten kann. Denn letztlich handelt es
       sich ja um ein Nullsummenspiel: Die Verluste von JP Morgan sind der Gewinn
       von anderen Spekulanten.
       
       Doch die Probleme reichen tiefer. Am Fall JP Morgan war von Anfang an
       interessant, dass diesmal nicht ein kleiner, ferner Händler eigenmächtig
       mit dem Geld seiner Bank spekuliert hatte – sondern dass die gefloppten
       Deals von der Spitze abgesegnet worden waren. Offenbar sahen die Chefs
       keine anderen Optionen, wie ihre Bank hätte Gewinn machen können. Also
       haben sie das Risiko verdrängt und toleriert.
       
       Nicht nur JP Morgan ist ratlos, wie man Geld verdienen soll. Alle
       Investmentbanken stecken in einer strukturellen Krise. Die
       Unternehmensberatung Roland Berger prognostiziert, dass von den weltweit
       500.000 Investmentbankern 75.000 in den nächsten fünf Jahren ihre Stelle
       verlieren.
       
       Drei Jahrzehnte lang haben die Investmentbanker bestens davon gelebt, dass
       sie weltweit eine gigantische Kreditblase aufgepumpt haben. Doch jetzt ist
       diese Blase zum Zerreißen gespannt und lässt sich nicht weiter ausdehnen,
       wie die diversen Finanzkrisen zeigen. Stagnation jedoch ist unschön für
       Investmentbanker – weil oft nur noch Gewinn anfällt, wenn ein anderer
       Verlust einfährt. Diesmal hat es JP Morgan getroffen.
       
       13 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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