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       # taz.de -- Kommentar Kloster in der Türkei: Keine Christenvertreibung
       
       > Die Aufregung der deutschen katholischen Kirche um das Gerichtsurteil
       > gegen ein Kloster in der Türkei ist kontraproduktiv. Es geht um Land.
       
       Neuer Schlag gegen die Christen in der Türkei. Politisch motiviertes
       Vorgehen gegen christliche Minderheit“. Wer die Stellungnahmen der
       deutschen katholischen Kirche und der sogenannten Menschenrechtsexpertin
       der CDU, Erika Steinbach – von Haus aus Vertriebenenfunktionärin – in
       diesen Tagen zu einer Gerichtsentscheidung in der Türkei liest, muss
       annehmen, dass die Regierung von Tayyip Erdogan sich jetzt entschlossen
       hat, die letzten Christen zwischen Bosporus und Ararat zu vertreiben.
       
       Dabei geht es um ein Gerichtsurteil, das zwar eine herbe Niederlage für
       eines der ältesten Klöster des Landes bedeutet, zunächst aber nicht die
       Ausübung des Glaubens betrifft, sondern einen Streit um Land. Einen Streit,
       den zumal nicht der türkische Staat entfacht hat, sondern die kurdischen
       Nachbarn des Klosters.
       
       Keine Frage, der Regierung ist der Streit eher unangenehm. Man wollte und
       will gerade die entgegengesetzten Signale senden. Mit mehreren Gesetzen in
       den letzten Jahren wurde die Restitution von Liegenschaften, die den
       griechischen und armenischen Gemeinden vor Jahrzehnten weggenommen worden
       waren, ermöglicht, auch gegenüber den emigrierten syrisch-orthodoxen
       Christen hatten die Behörden vor Ort mehrfach erklärt, man würde ihre
       Rückkehr begrüßen.
       
       Das Urteil passt nicht dazu, und selbst wenn es Bestand haben sollte, kann
       man davon ausgehen, dass die regierende AKP dann nach einer politischen
       Lösung suchen wird. Denn bei aller Kritik an Erdogans Politik: Der bessere
       Umgang mit den christlichen Minderheiten und eine Anerkennung ihrer
       historischen Rolle in der Geschichte des Landes ist einer der letzten
       Punkte, an dem sich die kritische Intelligenz der Türkei und die
       Erdogan-Regierung noch einig sind. Weltuntergangsparolen aus Deutschland
       sind da eher kontraproduktiv.
       
       11 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
   DIR Erika Steinbach
       
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