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       # taz.de -- Ermittlungen gegen Investmentbanken: Zinsaffäre erreicht Deutsche Bank
       
       > Bei den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Zinsmanipulation könnten auf
       > Deutsche-Bank-Chef Jain heikle Fragen zukommen. Auch die deutsche
       > Finanzaufsicht wird aktiv.
       
   IMG Bild: Die Deutsche Bank hat sich weit ins internationale Investmentgeschäft vorgewagt.
       
       BERLIN taz | Der Skandal um manipulierte Zinsen, der bei der britischen
       Barclays Bank begann, weitet sich aus. Ermittlungen laufen schon gegen mehr
       als ein Dutzend Investmentbanken, darunter die US-Banken Citigroup und JP
       Morgan Chase, die Schweizer UBS – und die Deutsche Bank. Außerdem haben in
       den USA geschädigte Investoren Klage eingereicht, auch gegen die Deutsche
       Bank. Ihr wird vorgeworfen, sich an der Manipulation des Libor-Zinssatzes
       beteiligt zu haben.
       
       Die London Interbank Offer Rate (Libor) ist der Zinssatz, zu dem sich
       Banken am Finanzplatz London untereinander Geld leihen. Der Libor wird
       basierend auf Meldungen der Großbanken ermittelt. Diese konnten ihn also
       durch falsche Angaben so festsetzen, wie es ihnen gerade passte. Die
       Wertpapierhändler der Bank konnten so zum Beispiel dafür sorgen, dass ihre
       eigenen Spekulationsgeschäfte mit Zinsderivaten gut ausgingen.
       
       Seit Ausbruch der Finanzkrise rechneten die Banken den Libor gerne klein,
       um ihre eigenen Finanzierungskosten zu senken und so gesünder zu wirken.
       Das Nachsehen hatten dann beispielsweise Kommunen, die sich gegen hohe
       Zinsen abgesichert hatten und bei sinkenden Zinssätzen Verluste machten.
       Allein wegen solcher auf dem Libor basierender Zinsgeschäfte könnten auf
       die verklagten Banken Forderungen von insgesamt 6 Milliarden Dollar
       zukommen, schätzt die New York Times. 
       
       Zu den Klägern in den USA gehört auch die deutsche Privatbank Metzler, wie
       ein Sprecher bestätigte. Die Deutsche Bank verweist lediglich auf ihren
       letzten Quartalsbericht vom 31. März, in dem sie bereits die Sammelklagen
       an US-Bundesgerichten vermeldet. Diese seien „in einem frühen Stadium“. Die
       Bank habe außerdem von Behörden in den USA und Europa „verschiedene
       förmliche Auskunftsersuchen im Zusammenhang mit der Quotierung von
       Zinssätzen im Interbankenmarkt erhalten“.
       
       ## Bafin prüft Deutsche Bank
       
       Laut der Nachrichtenagentur Reuters unterzieht nun auch die
       Finanzaufsichtsbehörde des Bundes, Bafin, die Deutsche Bank einer
       Sonderprüfung. Solche unangemeldeten Prüfungen sind das schwerste Geschütz,
       das die Bafin auffahren kann. Auf den neuen Bankvorstand Anshu Jain könnten
       womöglich unangenehme Nachfragen zukommen. Im fraglichen Zeitraum 2005 bis
       2009 war er Chef der Investmentsparte der Deutschen Bank. Sein
       Arbeitsplatz: London.
       
       Die Deutsche Bank ist diejenige heimische Bank, die sich am weitesten ins
       internationale Investmentgeschäft vorgewagt hat, und die Mannschaft um Jain
       bildete den Mittelpunkt dieses Geschäfts. Die Deutsche Bank ist denn auch
       das einzige deutsche Finanzinstitut, gegen das bislang ermittelt wird. Ihre
       Aktie fiel am Freitag um rund 5 Prozent.
       
       Inzwischen untersuchen die Behörden auch, inwieweit das europäische Pendant
       des Libor, der Euribor, manipuliert wurde. Sollte sich dies bewahrheiten,
       könnten noch mehr deutsche Banken in die Affäre hineingezogen werden.
       
       Barclays, die erste der betroffenen Banken, die ein „Fehlverhalten“ zugab,
       wurde inzwischen in den USA und Großbritannien zu umgerechnet 365 Millionen
       Euro Strafe verdonnert. Barclays hatte die britische Zentralbank
       beschuldigt, von den Zinsmanipulationen gewusst zu haben. Deren
       stellvertretender Chef sollte sich Montagabend dazu vor einem
       Parlamentsausschuss in London äußern.
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicola Liebert
       
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