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       # taz.de -- Federer holt siebten Wimbledon-Titel: Die Rückkehr ins gelobte Land
       
       > Roger Federer zeigt bei seinem Sieg in Wimbledon, dass er noch
       > Grand-Slam-Titel holen kann. Andy Murray eroberte neues Terrain – trotz
       > Niederlage.
       
   IMG Bild: „Nicht schlecht für einen 30-Jährigen“, gab ein untröstlicher Andy Murray der neuen Nummer eins der Welt, Roger Federer, nach dessen Finalsieg mit auf den Weg.
       
       LONDON taz | Natürlich erschien Roger Federer zum Champions Dinner ein paar
       Stunden nach dem siebten Sieg auf Wimbledons Centre Court nicht im lässigen
       Strickpullover, den er auf dem Weg zu seinen Spielen getragen hatte. Diese
       traditionelle Abendgesellschaft des All England Club für die Sieger ist
       eine gediegene Veranstaltung, und Federer weiß, was sich gehört.
       
       Er trug Smoking, wirkte aber dennoch bieder im Vergleich zu Serena Williams
       in ihrem hautengen, knielangen goldglänzenden Kleid und den schwarzen
       Louboutins mit zehn Zentimeter Absatz. Williams erntete den Lacher des
       Abends, als sie anbot, ihren eindrucksvollen Aufschlag abzufüllen und für
       eine Million pro Flasche zu verkaufen.
       
       Federer hielt sich in seiner kleinen Rede eher an die leiseren Töne. Er
       erinnerte daran, dass seine Frau Mirka vor drei Jahren, als er gegen Andy
       Roddick gewonnen hatte, beim Champions Dinner hochschwanger gewesen sei und
       dass diesmal die Töchter zugesehen hätten, als er den Pokal in den Armen
       gehalten habe.
       
       „Ich glaube zwar nicht, dass sie sich später daran erinnern werden“, meinte
       er weiter, „aber zumindest werden sie sich selbst auf den Bildern dieses
       Tages sehen. Für mich war es einfach ein unglaubliches Erlebnis, als
       Spieler und Vater zur gleichen Zeit.“
       
       ## „Ich habe nie aufgehört, daran zu glauben“
       
       Die Zwillingstöchter Myla und Charlene werden Ende des Monats den dritten
       Geburtstag feiern, aber so, wie die Dinge im Moment aussehen, werden sie
       ihrem Vater weiter beim Siegen zusehen können. Nach dem 4:6, 7:5, 6:3,
       6:4-Finalerfolg gegen Andy Murray geht der Blick zurück auf eine Zeit von
       zweieinhalb Jahren, in denen Federer keinen Grand-Slam-Titel gewonnen hatte
       und in der oft genug darüber diskutiert wurde, ob er noch einen gewinnen
       würde.
       
       Die meisten Fachleute hatten diese Frage zwar immer mit Ja beantwortet,
       aber mit der Zeit waren die Zweifel doch gewachsen. Noch zurückhaltender
       war meist die Antwort auf die Überlegung ausgefallen, ob der 30-Jährige
       noch einmal die Nummer Eins der Tennisweltrangliste werden könne.
       
       Aber dass das möglich sein könnte, hatte sich schon Ende vergangenen Jahres
       beim Gewinn der ATP-Finals in London angekündigt. „Ich hatte ja schon ein
       paar Chancen“, sagt der Schweizer – so wie bei den US Open im vergangenen
       Jahr in New York, als er im Halbfinale nach Matchball trotzdem verloren
       hatte.
       
       „Vielleicht war ich manchmal zu nervös, vielleicht waren die anderen
       einfach zu gut. Aber ich hab nie aufgehört, daran zu glauben. Und dies ist
       der Ort, von dem du willst, dass es hier passiert.“ Ein einziges Mal verlor
       er ein Finale in Wimbledon, jenes epische Drama bei Einbruch der Dunkelheit
       vor vier Jahren gegen Rafael Nadal.
       
       ## Zu Sampras aufgeschlossen
       
       Mit Titel Nummer sieben hat er zu Pete Sampras aufgeschlossen, der sich
       gleich meldete, um zu gratulieren. Federer kehrte in gewisser Weise ins
       gelobte Land zurück, Andy Murray hingegen eroberte sogar neues Terrain.
       Denn Londons Zeitungen überschlugen sich am Montag mit Lobpreisungen und
       Würdigungen trotz der Niederlage des 25-jährigen Schotten.
       
       Nach Murrays mutigem Auftritt im Finale teilen viele die Meinung Federers,
       der gesagt hatte: „Andy wird ein Grand-Slam-Turnier gewinnen - und nicht
       nur eines.“ Nach dem gemeinsamen Finale Anfang 2010 bei den Australian Open
       hatte Murray bei der Siegerehrung gesagt: „Ich kann weinen wie Roger - nur
       schade, dass ich nicht so spielen kann wie er.“
       
       Diesmal rührte er die Leute nicht nur mit seinen Tränen, er ließ sie auch
       mit der Zuversicht zurück, dass er das berühmteste Tennisturnier der Welt
       gewinnen wird. Irgendwann. Und jetzt? Die Herren gönnen sich eine kurze
       Pause, dann beginnt die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele.
       
       Der All England Club ist schon einen Schritt weiter. Am Montag schon ging
       Neil Stubley ans Werk. Der Herr des Rasens wird mit einer Mannschaft aus 35
       Leuten versuchen, die braune Sandlandschaft an der Grundlinie des Centre
       Court wieder in ein grünes Wunderwerk zu verwandeln.
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Henkel
       
       ## TAGS
       
   DIR Wimbledon
       
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