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       # taz.de -- Hamburger Reiterstaffel vor dem Aus: Zukunft auf der Weide
       
       > Die Reiterstaffel der Polizei steht vor der Auflösung. Das teure
       > Prestigeobjekt hat sich nicht bewährt. Der Einsatz von Pferden in der
       > Stadt war stets umstritten.
       
   IMG Bild: Teures und untaugliches Einsatzmittel: Polizeipferde
       
       HAMBURG taz | Die Reiterstaffel der Hamburger Polizei steht vor dem Aus.
       Das hat Innensenator Michael Neumann (SPD) nach taz-Informationen in seinem
       Umfeld angekündigt. „Die Pferdestaffel hat sich nicht bewährt und als wenig
       effizient erwiesen“, soll Neumann gesagt haben.
       
       Dass die Wiedereinführung der Pferdestaffel 2010 bei den Sozialdemokraten
       auf wenig Gegenliebe gestoßen war, ist kein Geheimnis. Ein „überflüssiges
       Prestigeprojekt“, polterte damals der innenpolitische Sprecher der SPD,
       Andreas Dressel, das die Ressourcen der Polizei verschwende.
       
       In der Tat stehen die Gäule, die im Innenbehörden-Etat mit knapp 500.000
       Euro jährlich zu Buche schlagen, unter kritischer Beobachtung. „Der
       Rechnungshof nimmt derzeit alle Einsatzmittel der Polizei unter die Lupe“,
       sagt Innenbehörden-Sprecher Frank Reschreiter. Dazu gehöre auch die
       Pferdestaffel. „Es wird alles ergebnisoffen geprüft.“ Bis August soll die
       Prüfung abgeschlossen sein.
       
       Die Pferdestaffel war 2010 auf Initiative von Ex-Innensenator Christoph
       Ahlhaus (CDU) und Polizeipräsident Werner Jantosch wieder ins Leben gerufen
       worden, nachdem sie 1975 aus Kostengründen abgeschafft worden war. Für die
       Anschaffung und Ausbildung der neun Pferde und zehn Reiter machte der
       schwarz-grüne Senat ungefähr eine Million Euro locker.
       
       Die Reiterstaffel sollte das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Hamburger
       stärken. Die Philosophie: Während ein Streifenpolizist in der Menge
       untergeht, wäre ein Reiter hoch zu Ross von Weitem sichtbar. Ursprünglich
       war die Reiterstaffel bei den Verkehrsdirektionen angesiedelt worden, seit
       2011 ist sie der Bereitschaftspolizei unterstellt.
       
       Der Einsatz von Pferden bei einer Großstadt-Polizei ist stets umstritten
       gewesen. Denn um die Pferde „einsatzfähig“ zu machen, muss laut
       Tierschutz-Experten ihr Wille gebrochen werden. Pferde sind Herdentiere und
       gehorchen einem Fluchtinstinkt. Um sie zum Beispiel bei Demonstrationen in
       der Menge galoppieren zu lassen, müsse dieser Instinkt abgeschaltet werden.
       Das kann wiederum dazu führen, dass der Gaul im Extremfall ausrastet und
       Menschen entgegen seinem Instinkt überrennt.
       
       Ein Beispiel mit störrischen Pferden bekam Innensenator Neumann vor kurzem
       im Innenausschuss vorgeführt. Auf einem Video zu den Vorgängen während des
       Neonazi-Aufmarsch am 2. Juni in Wandsbek war zu sehen, wie Polizeipferde
       aus Niedersachsen bei der Räumung einer friedlichen Blockade eingesetzt
       wurden. Ein Pferd scheute. Der Reiter konnte nur unter Einsatz von
       Pfefferspray dem Tier den Weg durch die Menge bahnen.
       
       In Städten sind Pferde schon deshalb ein untaugliches Mittel, weil die
       Tiere auf Asphalt oder Kopfsteinpflaster unsicher sind. Sie rutschen mit
       ihren Hufeisen leicht aus. Auch gegen Attacken bei gewalttätigen
       Demonstrationen sind sie anfällig – etwa gegen Glasmurmeln, die in den
       Siebziger Jahren zum Repertoire bei militanten Demos gehörten.
       
       Dass dies am 2. Juni in Wandsbek nicht passierte, war wohl eher der
       Zurückhaltung geschuldet. „Die verkorksten Tiere können ja nichts dafür,
       dass ein Arschloch in Uniform im Sattel sitzt“, sagte ein Antifa-Aktivist.
       
       1 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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