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       # taz.de -- Islamisten schleifen Timbuktus Kulturerbe: Gotteskrieger im Siegesrausch
       
       > Zuerst haben sie die Tuareg-Rebellen verjagt. Nun zerstören muslimischen
       > Fundamentalisten im Norden Malis das Weltkulturerbe der Wüstenstadt
       > Timbuktu.
       
   IMG Bild: Seit Samstag früh sind islamistische Eiferer in Timbuktu dabei, systematisch Mausoleen und Grabstätten zu zerstören.
       
       KIGALI taz | Trotz weltweiter Empörung sind die Islamisten in Timbuktu
       unbeirrt. „Wir handeln im Namen Gottes“, sagte der Sprecher der
       radikalislamistischen Gruppe Ansar Dine, Sanda Ould Boumana, gegenüber AFP.
       Seit Samstag früh sind islamistische Eiferer in der berühmtesten Stadt
       Malis dabei, systematisch alle 16 Mausoleen und Grabstätten zu zerstören,
       in denen die Heiligen Timbuktus begraben sind und verehrt werden.
       
       Nachdem am Samstag die Mausoleen Sidi Mahmoud, Sidi Moctar und Alpha Moya
       dem Erdboden gleichgemacht worden sind, machten sich die Islamisten am
       Sonntag an das Gelände der größten Moschee der Stadt, Djingareyber. Vier
       Mausoleen dort sollten noch am gleichen Tag zerstört werden.
       
       „Wir werden die Mausoleen alle zerstören, ausnahmslos“, sagte Sanda Ould
       Boumana weiter. „Es gibt nur einen Gott. Dieses ganze Zeug ist verboten.“
       
       Berichten zufolge weigert sich die lokale Bevölkerung, den Islamisten bei
       ihrem Wüten zu helfen. Die berühmten Mausoleen sind aber ebenso wie alle
       anderen alten Gebäude der Wüstenstadt Timbuktu aus Lehm gebaut und können
       mit Spitzhacken relativ einfach zu Staub gelegt werden.
       
       ## „Die Verrückten sind bewaffnet“
       
       „Sie machen alles kaputt“, berichtete ein lokaler Journalist. „Es tut weh,
       aber man kann nichts machen. Die Verrückten sind bewaffnet.“ Mit der
       Zerstörungsaktion markieren die nordmalischen Islamisten ihren Sieg über
       die Tuareg-Rebellen der MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad),
       mit der sie ab Ende März bis vor Kurzem noch Malis Nordhälfte gemeinsam
       beherrschten.
       
       Im Zuge wachsenden politischen Streits zwischen Tuareg-Separatisten und
       Islamisten kam es zum Bruch zwischen den Waffenbrüdern. Im Verlauf der
       vergangenen Woche verjagten die islamistischen Gruppen die MNLA aus ihrem
       Hauptquartier in der Stadt Gao und eroberten auch die beiden anderen
       wichtigen Städte komplett, Kidal und Timbuktu. Allein in Gao forderten die
       Kämpfe angeblich über 35 Tote. Die Islamisten sind jetzt im Siegesrausch.
       
       Die Regierung in Malis ferner Hauptstadt Bamako ist machtlos. Auf einem
       Unesco-Gipfel im russischen St. Petersburg rief Malis Kulturministerin
       Diallo Fadima Touré die UNO auf, gegen die „Verbrechen am kulturellen Erbe
       meines Volkes“ einzugreifen. Auf Anregung der deutschen Delegation gab es
       eine Schweigeminute. Die Unesco verurteilte die „wahllosen“ Zerstörungen.
       
       In Afrika mehren sich Stimmen, die ein militärisches Eingreifen in Mali
       fordern. Bereits am Freitag erneuerte die Westafrikanische
       Wirtschaftsgemeinschaft ihren Beschluss, auf ein UN-Mandat zur Entsendung
       von Eingreiftruppen nach Mali zu drängen. Marokko forderte ein gemeinsames
       Handeln der islamischen Länder.
       
       1 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Unesco
       
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