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       # taz.de -- Joachim Löw: Bester Trainer wo gibt
       
       > Erst galt der Bundestrainer als zu nett, dann war er nur der Assistent.
       > Inzwischen ist Joachim Löw der unumstrittene Chef. Jetzt fehlt nur noch
       > ein Titel.
       
   IMG Bild: Joachim Löw ist dort angekommen, wo er immer sein wollte.
       
       DANZIG taz | Im Lauf seiner Karriere musste Joachim Löw gegen viele
       Missverständnisse kämpfen. Das öffentliche Bild vom Trainer passte zum
       Selbstbild. Da wurde auf Betreiben seines damaligen Vereinschefs beim VfB
       Stuttgart, Gerhard Mayer-Vorfelder, vom „netten Herrn Löw“ geschrieben, was
       so viel heißen sollte wie: Der Typ ist zu schwach für das harte
       Bundesligageschäft. Später schien sich Löw auf die Rolle des Assistenten
       festzulegen. Er wurde irrtümlicherweise zum Harry Klein des deutschen
       Fußballs, der Stephan Derrick den Wagen holt.
       
       Derrick, das war Jürgen Klinsmann, der das große Ganze beaufsichtigte und
       Löw die Detailarbeit überließ. Dann, im Juli 2006, wurde Löw Bundestrainer.
       Das war seine große Chance. Und er nutzte sie. Es war ein Fight gegen das
       Bild vom netten Herrn Löw und gegen das Vorurteil, er könne kein harter,
       entschlossener Chef sein.
       
       Noch immer neigen viele Medien dazu, ihn nicht ganz ernst zu nehmen, wenn
       sie den Kosenamen „Jogi“ gebrauchen oder ein Glossar seiner Lieblingssätze
       erstellen („Högschde Konzentration“). Sie verkennen den Herrn Löw gewaltig.
       
       Löw ist der Boss. Er ist jetzt dort angekommen, wo er immer sein wollte. Er
       hat intern alles im Griff. Diese Europameisterschaft möchte Löw mit dem
       Titelgewinn zur finalen Imagekorrektur nutzen. Er, der Macher, der
       Erfolgsmensch, der Super-Joachim. So soll ihn die Welt, in aller
       Bescheidenheit, sehen.
       
       ## Er kann durchregieren
       
       Die Spieler haben seine Philosophie begriffen und erkennen ihn vollkommen
       als Leader an. Er kann durchregieren, also in einem Sinne Macht ausüben,
       wie das Angela Merkel, die regelmäßig in der deutschen Umkleidekabine zu
       Gast ist, so gern im Parlament tun würde. Es sind keine Quertreiber mehr in
       der Mannschaft. Das Team stellt vielmehr ein Abbild der Löw’schen
       Gedankenwelt dar: zielorientiert, ehrgeizig und besessen vom
       Erfolgsgedanken. „Wenn ich etwas wirklich will, dann versuche ich, es mit
       jeder Faser meines Körpers, meines Geistes auch durchzusetzen“, lautet Löws
       Credo. Er will den Titel. Sein Rezept: Zufälle eliminieren. Erfolg ist
       planbar, davon ist Löw überzeugt.
       
       In der aktuellen Mannschaft herrsche eine „ehrgeizige Harmonie“, hat er
       dieser Tage gesagt. Es ist eine wunderbare Beschreibung der klimatischen
       Bedingungen des Erfolgs, an dem Löw und seine Mitstreiter seit 2004
       gearbeitet haben. „Alles, was ich anstrebe, ist der Erfolg, alles andere
       blende ich aus, das sind Dinge, die mich nicht interessieren“, sagt Löw.
       Die Spieler bekommen die volle Dosis, das volle Programm an Zuwendung. Sie
       sind Erfüllungsgehilfen in Löws Welt, aber sie wissen auch, dass sie mit
       ihm eine einmalige Chance haben. Das macht sie gefügig.
       
       Alles ist hochprofessionell: das Training, die Taktiklehre, das Hotel, das
       Essen, die Medizin- und die Physioabteilung. Auch ein Psychologe und ein
       Yogalehrer stehen bereit. Dafür verlangt Löw absolute Loyalität, Respekt
       und den Willen zum Sieg. Egotrips sind nicht erlaubt.
       
       ## Konkurrenzkampf muss sein
       
       Selbst erfahrene Spieler wie Per Mertesacker, der derzeit nur auf der
       Ersatzbank Platz nehmen darf, ordnen sich den Planungen des Bundestrainers
       bedingungslos unter. „Wie er sich verhält, ist mustergültig“, lobt Löw. „Er
       sorgt absolut für den Zusammenhalt“, die Ersatzspieler täten es auf dem
       Trainingsplatz, indem sie die Konzentration der anderen hochhielten. Auch
       Lukas Podolski, Mario Gomez und Thomas Müller mucken nicht auf, obwohl sie
       in der Partie gegen Griechenland nicht von Anfang an spielen durften.
       Sicher können sich nur wenige sein.
       
       Gesetzt fürs Halbfinale gegen Italien sind Keeper Manuel Neuer, die
       Verteidiger, zudem Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira und Mesut Özil.
       Offen ist die Offensivbesetzung. Spielen André Schürrle, Miroslav Klose
       oder Marco Reus? Löw sagt nichts Konkretes dazu, deutet nur vage an,
       Veränderungen seien „denkbar“. Das gehört zum Konzept der professionellen
       Verunsicherung im Team.
       
       Konkurrenzkampf muss sein, davon ist Löw überzeugt. Ohne ihn geht es nicht,
       ohne ihn entstehen keine Spannung und Leistungsbereitschaft. Also hat er
       jede Position doppelt besetzt, manche sogar dreifach, um die Stammspieler
       herauszufordern. Da kennt der nette Herr Löw kein Pardon.
       
       Noch lehnt Löw jedes Lob für seine Arbeit ab. „Wenn es ein Lob gibt, dann
       muss man das an die Mannschaft weitergeben, sie ist extrem positiv und
       extrem respektvoll.“ Erst nach dem Finale wird er bereit sein für
       Huldigungen jedweder Art. Er weiß, wie schnell es im Fußball gehen kann.
       Ein verlorenes Spiel, und er ist nicht mehr Super-Jogi, sondern nur noch
       der Vize-Jogi.
       
       28 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Markus Völker
       
       ## TAGS
       
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