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       # taz.de -- Der portugiesische Torhüter: Der unbekannte Vierte
       
       > Das Land der Fußballindividualisten hat wieder einen guten Torwart: Rui
       > Patrício bewies in der Europa League, dass er die Nerven für knappe
       > K.o.-Spiele hat.
       
   IMG Bild: Rui Patrício hat elf Schüsse in diesem Turnier abgewehrt.
       
       Sie sprechen nicht über sich. Sie dürfen nicht sagen, dass sie zufrieden
       mit sich sind oder wie sie sich fühlen. Die portugiesischen Spieler werden
       nur zu einem Thema vor dem Halbfinale gegen Spanien. Warum tut sich
       Cristiano Ronaldo so schwer? Wie verstehen Sie sich mit Cristano Ronaldo?
       Warum ist Cristiano Ronaldo so gut? Meistens geben sie brave Antworten.
       „Ronaldo wird noch einiges zeigen bei diesem Turnier“ etwa.
       
       Gesagt hat das Rui Patrício. Er ist der Torhüter der Mannschaft. Er hat elf
       Schüsse abgewehrt in diesem Turnier. Mit 24 Jahre ist Patrício, der seit
       seiner Jugend bei Sporting Lissabon spielt, der jüngste der vier
       Halbfinaltorhüter. Der unbekannteste ist er ohnehin. Gianluigi Buffon (34),
       Iker Casillas (31), Manuel Neuer (26), ihre Namen sind es, die sich Kinder
       auf ihre Trikots flocken lassen. Sie sind schon lange Helden.
       
       Seit dem 15. März 2012 ist auch Rui Patrício ein solcher – zumindest für
       die Fans von Sporting Lissabon. In der 95. Minute des Rückspiels im
       Achtelfinale der Europa League bei Manchester City fliegt ein Ball in den
       Strafraum. Joe Hart, der aufgerückte Keeper der Gastgeber, setzt zu einem
       wunderbaren Kopfball an und will schon jubeln. Doch irgendwie bekommt
       Patrício, in seinem 200. Spiel für Sporting, noch ein Paar Finger an den
       Ball. Abpfiff. Das ölscheichreiche Manchester City scheidet aus, Sporting
       steht im Viertelfinale.
       
       ## Schon lange ein Talent
       
       Herausragende portugiesische Spieler hat es über die Jahrzehnte immer
       wieder gegeben, auf einen herausragenden Torhüter wartet die Fußballnation
       seit Vítor Baía. Der hatte bis 2002 insgesamt 80-mal für die
       Nationalmannschaft gespielt und gehört zu den wenigen Spielern, die alle
       drei Europapokalwettbewerbe gewinnen konnten. Ricardo, sein Nachfolger im
       Nationalteam, konnte nicht viel, war aber immerhin ein Elfmeterspezialist.
       Als Eduardo, der WM-Torhüter 2010, seinen Stammplatz bei Benfica Lissabon
       einbüßte, brach Rui Patrícios Zeit an.
       
       Als Talent gilt er schon lange. Als ganz junger Mann, mit 20, durfte er mit
       zur EM 2008 in die Schweiz und nach Österreich fahren. Doch weil er sich
       immer wieder mit vermeidbaren Fehlern regelrecht blamiert hat, fiel er
       wieder ganz weit zurück in der Hierarchie der portugiesischen Torhüter. Zur
       Weltmeisterschaft in Südafrika durfte er dann nicht einmal mehr als
       Reservist mitfahren. Doch er stabilisierte sich und verdrängte während der
       EM-Qualifikation Eduardo aus dem Tor. Jetzt glaubte man, dass er es kann.
       
       Als Patrício bei den Playoffs zur EM-Qualifikation gegen Bosnien und
       Herzegowina (0:0 und 6:2) im Tor stand und sein Vorgänger Eduardo auf der
       Bank saß, da war er endlich unumstritten. Seine Auftritte in der Europa
       League dürften ihm dabei geholfen haben. Denn er ist nicht nur der Held von
       Manchester, er ist auch der Retter von Charkow.
       
       Im Viertelfinalrückspiel beim FC Metalist hielt er in der 64. Minute einen
       von Cleiton Xavier geschossenen Elfmeter. Dass Sporting ins Halbfinale
       eingezogen ist, ist zu einem großen Teil das Werk von Rui Patrício. Er kann
       also auch Elfmeter. 6 von 22 hat er in seiner Karriere gehalten.
       
       An die Spanier hat Patrício übrigens nur die besten Erinnerungen. An jenem
       unglaublichen Tag im November 2010, als eine entfesselt aufspielende
       portugiesische Mannschaft den Weltmeister in einem Testmatch mit 4:0
       besiegt hat, stand Rui Patrício zum ersten Mal im Tor der
       Nationalmannschaft.
       
       27 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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