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       # taz.de -- Ukrainischer Lokalpolitiker über die EM: „Ich bin gegen einen Boykott“
       
       > Der Czernowitzer Lokalpolitiker Olexandr Dowhanytsch über die
       > Organisation der EM, Touristen und die mögliche Bewerbung seines Landes
       > für die Winterolympiade 2022.
       
   IMG Bild: Waren auch bei Lokalpolitiker Olexandr Dowhanytsch extrem beliebt: schwedische Fans in Kiew.
       
       taz: Herr Dowhanytsch, was sind Ihre stärksten Eindrücke bei der EM? 
       
       Olexandr Dowhanytsch: Dass wir es geschafft haben, die EM in unserem Land
       zu organisieren. Das ist das Wichtigste. Die zweite Sache, die mich
       beeindruckt hat, ist die große Zahl von ausländischen Touristen, vor allem
       in Kiew. Auch nach Charkow sind viele Fans gekommen. Zugegeben, in Donezk
       waren es etwas weniger, aber trotzdem war die Fanmeile voll. Nach den
       Boykottaufrufen hatte ich gedacht, dass weniger Fans kommen würden. Aber
       die europäischen Fans haben wohl eine andere Haltung.
       
       Was halten Sie von den Boykottaufrufen europäischer Politiker? 
       
       Ich habe mit vielen französischen und englischen Fans gesprochen. Sie
       hatten von Boykottaufrufen nichts gehört. In Kiew waren 50.000 Schweden.
       Auch sie waren auch sehr positiv gegenüber der Ukraine eingestellt. Sie
       wollen sogar wiederkommen. Dennoch sind wohl auch einige Fans wegen dieser
       Kampagne nicht zu uns gekommen. Ich bin gegen einen Boykott. Große
       Sportereignisse mit Politik zu verbinden, finde ich unpassend. Das sind
       verschiedene Dinge.
       
       Wird die EM das Image der Staatsführung verbessern? 
       
       Auf jeden Fall. Die Verantwortlichen haben bewiesen, dass sie imstande
       sind, die EM vorzubereiten und durchzuführen. Alle haben gemeinsam daran
       gearbeitet und die positiven Resultate sieht man vor allem in Donezk. Alle
       haben gejammert, dass unsere Straßen, Stadions, Hotels und die
       Infrastruktur nicht rechtzeitig fertig werden. Aber jetzt stellt sich
       heraus, dass diese Angst unbegründet war. Und unsere Bürger haben sich sehr
       demokratisch gegenüber den Ausländern verhalten.
       
       Vor allem mit den Engländern, das sind meist harte Fans, lief es gut. Und
       wenn sie sagen, dass sie zu uns als Touristen kommen wollen, dann zeugt es
       von der guten Vorbereitung der EM. Präsident Wiktor Janukowitsch hat
       angekündigt, dass sich die Ukraine für die Olympischen Winterspiele 2022
       bewerben werde. Das kann einen weiteren Schritt bedeuten, um die positiven
       Seiten der Ukraine zu präsentieren. Wie die Stadt Czernowitz mit ihren
       Bergen. Berge gibt es auch anderswo in Europa, aber so besonders wie bei
       uns sind sie nirgendwo sonst.
       
       Bei der Übertragung der Spiele wurde Präsident Wiktor Janukowitsch nur
       einmal gezeigt. 
       
       Das ist kein Problem, denn die Übertragung wird von der Uefa organisiert.
       Vielleicht wollten sie bestimmte Reaktionen beim Publikum vermeiden. Beim
       letzten Spiel der Ukraine wurden einige Sequenzen wiederholt, jedoch nicht
       das nicht gegebene Tor. Wahrscheinlich, um die Leute nicht traurig zu
       machen. Aus diesem Grunde taucht wohl auch der Präsident kaum auf.
       Janukowitsch wurde einmal gezeigt und das finde ich nicht schlimm. Er hat
       unsere Mannschaft angefeuert wie alle anderen Fans auch. Er ist genauso ein
       Mensch wie jeder andere.
       
       26 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katerina Mishchenko
       
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