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       # taz.de -- Energiewende am Finanzmarkt: Ratingagenturen erledigen Atomkraft
       
       > RWE gibt bekannt, aus dem Neubau von Atomkraftwerken auszusteigen.
       > Ratingagenturen sehen darin ein schlechtes Investment.
       
   IMG Bild: Das Ende ist nah: Verkehrsschild vor Block B des von RWE betriebenen Atomkraftwerkes Biblis.
       
       FREIBURG taz | Der Energiekonzern RWE sieht auch international keine
       Perspektive mehr für die Atomkraft: „Die finanziellen Risiken von Neubauten
       halten wir nicht mehr für zumutbar“, sagte gestern eine
       Unternehmenssprecherin und bestätigte damit einen Bericht der Süddeutschen
       Zeitung. 
       
       Deswegen werde RWE sich auch im Ausland an keinem Bau von Nuklearmeilern
       mehr beteiligten. Stattdessen soll es Investitionen in Solarenergie geben.
       Der Kurswechsel geht auf den ab Juli amtierenden RWE-Chef Peter Terium
       zurück.
       
       Damit vollzieht das Unternehmen einen Strategiewechsel, der sich bereits
       bei zahlreichen Einzelprojekten angedeutet hatte. So hatte RWE im März
       zusammen mit Eon den Verkauf der britischen Horizon Nuclear Power
       verkündet. Das Gemeinschaftsunternehmen hatte bereits Grundstücke für neue
       Reaktoren in Wales und in den West Midlands gekauft, wo in den vergangenen
       zwölf Monaten alte Reaktoren abgeschaltet wurden.
       
       In den Niederlanden wollte RWE einst beim geplanten Kraftwerk Borssele II
       dabei sein, in Rumänien bei den Projekten Cernavoda 3 und 4, in Bulgarien
       beim AKW Belene. Doch nach und nach zogen sich RWE und auch andere
       Projektpartner wegen wirtschaftlicher Unsicherheiten zurück.
       
       Kritiker der Atomkraft sehen sich bestätigt, sie weisen seit Jahren darauf
       hin, dass ein Neubau von Atomreaktoren ohne staatliche Hilfen und Garantien
       betriebswirtschaftlich nicht darstellbar ist. Zwei Neubauten in Finnland
       und Frankreich demonstrieren das gerade mit massiven Verzögerungen und
       einer Kostenexplosion.
       
       Folglich überrascht es nicht, dass RWE entsprechende Investitionen scheut.
       Den Konzern drückten Ende März Schulden von 30,8 Milliarden Euro, ein
       weiterer Anstieg gegenüber dem Vorquartal um 0,9 Milliarden Euro. Nach
       jüngsten Medienberichten sollen internationale Ratingagenturen dem Konzern
       bereits deutlich gemacht haben, dass eine Abstufung der Kreditwürdigkeit
       droht, sollte das Unternehmen in weitere nukleare Projekte investieren.
       
       Allerdings wird RWE weiterhin Reaktoren in Deutschland betreiben. Die
       Anti-Atom-Organisation „Ausgestrahlt“ kritisierte, dass RWE den Nachweis
       einer echten Atomwende im Inland schuldig bleibe. 2022 soll der letzte
       RWE-Meiler in Deutschland vom Netz gehen. Eine Sprecherin des Unternehmens
       schloss eine erneute Laufzeitverlängerung jedoch aus: „Das Thema
       Kernenergie ist für uns durch.“
       
       18 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Finnland
       
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