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       # taz.de -- Schwedens Starspieler Ibrahimovic: Danke, Zlatan!
       
       > Zlatan Ibrahimovic spielt, wie er will. Mal brilliant, mal abwesend, oft
       > beides zugleich. Und er geht niemals, ohne Journalisten und Fans etwas
       > dazulassen.
       
   IMG Bild: Der Star im Moment der Niederlage: Zlatan Ibrahomvic I.
       
       KIEW taz | Einmal dürfen wir ihn noch sehen. Einmal. Zlatan Ibrahimovic hat
       es versprochen. Bitte! Denn zunächst wusste man es nicht so genau. Am
       Samstag kursierten Meldungen, in denen es hieß, der schwedische Angreifer
       habe gesundheitliche Probleme und wolle nach Hause fahren. Gewundert hätte
       das niemanden.
       
       Die Schweden sind ausgeschieden, und was kümmert einen wie Ibrahimovic ein
       bedeutungsloser Kick gegen Frankreich. Ein Zipperlein ist da schnell
       gefunden. Alles Quatsch! Der Stürmer ließ eigens eine Pressekonferenz
       anberaumen, um mitzuteilen, dass er spielen werde, dass er sich gut fühle,
       dass er Spaß habe.
       
       Spaß! Als der nordische Hüne mit jugoslawischen Wurzeln (1,95 Meter) das
       sagte, schaute er so, wie er auf dem Platz auch oft dreinblickt. Irgendwie
       abwesend. Er ist ein Medienprofi – kein Wunder nach so vielen Jahren bei
       den besten Klubs der Welt (Ajax, Inter, Barça, Milan) – und doch tut er so,
       als wisse er nicht, wie man sich bei einer Pressekonferenz benimmt. Er
       rutscht auf den für seinen großen Arsch immer zu kleinen Stühlen hin und
       her, schaut in die Ferne, sortiert seinen Schopf, hört den Fragen nicht
       immer zu und sagt, was er gerade sagen will, ohne auf die Fragen
       einzugehen.
       
       Und wenn er keine Lust mehr hat – das kann schnell gehen – steht er auf und
       schlurft in seinen Adiletten davon. Aber nie, nie würde er gehen, ohne den
       Journalisten einen Brocken hingeworfen zu haben, auf den sie sich
       begeistert stürzen.
       
       ## „Zur Hölle mit ihm!“
       
       Am Sonntag vor den Toren von Kiew war dies die Antwort auf die Frage, wer
       denn seiner Meinung nach den Titel holen wird. „Wer es auch wird, zur Hölle
       mit ihm!“ Der Ausflug ins Trainingszentrum von Dynamo Kiew, wo die Schweden
       trainieren, hatte sich gelohnt. Danke, Zlatan!
       
       Ja, er hat auch ein paar stinknormale Antworten gegeben. Dass er sich auf
       zwei weitere Jahre beim AC Mailand freut zum Beispiel. Und dass er mit der
       schwedischen Nationalmannschaft noch viel vor hat. Wie viel diese Sätze
       wert sind, wird man sehen.
       
       Ibrahimovic ist schon einmal aus der schwedischen Nationalmannschaft
       zurückgetreten. 2009 war das. Ein halbes Jahr später kehrte er zurück – als
       Kapitän. Zuvor hatte er schon einmal ein Freundschaftsspiel boykottiert.
       2007 war das. Zuvor wurde er vom damaligen Trainer Lars Lagerbäck einmal
       auf die Bank verbannt, weil er am Tag vor dem Spiel in einem Nachtklub
       gesoffen hatte. Ibrahimovic hatte kein Verständnis für diese Art der
       Suspendierung. Es handelte sich um ein EM-Qualifikationsspiel gegen
       Liechtenstein, vor dem er soff. Liechtenstein!
       
       Wer all diese Geschichten aus seiner Karriere kennt, der mag sich
       vorstellen können, wie der 30-Jährige spielt. Ibrahimovic spielt, wie er
       will. Und auch von den Fans, die beinahe unentwegt seinen Namen singen,
       würde er sich niemals verabschieden, ohne ihnen zumindest einen Brocken
       hingeworfen zu haben, von dem sie noch lange zehren können.
       
       ## Zwanzig Meter im Abseits
       
       Im Spiel gegen England zeigte Ibrahimovic wieder einmal, dass er alles
       andere als ein moderner Teamplayer ist. Mal schaltete er schnell, mal
       schritt er ganz langsam über den Platz, mal setzte er zu einem
       spektakulären Volleyschuss an, mal stand er mindestens zwanzig Meter im
       Abseits, mal ließ er mit einer Körpertäuschung und dem Einsatz seines
       kräftigen Hinterteils zwei Engländer regelrecht von sich abprallen, mal
       maulte er den gegnerischen Keeper an, obwohl sein Team gerade ein Tor
       geschossen hatte, und um ein Haar hätte er beinahe sogar selbst ein Tor
       geschossen.
       
       Auch in diesem Spiel fiel ihm etwas ganz Besonderes ein, etwas, worüber die
       schwedischen Fans in ihrem Kiewer Zeltlager auf einer Insel im Dnipro noch
       die ganze Nacht geredet haben dürften. Als Ibrahimovic Durst hatte, ging er
       einfach ins englische Tor und nahm einen kräftigen Schluck aus der
       Trinkflasche von Torhüter Joe Hart und ließ sich dafür von den Fans mit
       Gesängen anhimmeln: „Zla-tan Ibra-hi-mo-vic!“ Er ist ein Spinner, er will
       es sein. Danke, Zlatan!
       
       19 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
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