URI: 
       # taz.de -- Anlagebetrug: Millionengewinne, Millionenbetrug
       
       > Nicht nur die Liebe macht blind, auch die Geldgier. Das hat einer
       > systematisch ausgenutzt, der große Ideale vertritt und sich in eine große
       > Rolle hineinfabuliert hat: Manfred Gläser. In Bremen begann gestern ein
       > Prozess gegen ihn.
       
   IMG Bild: Wie in Dagoberts Turm sollten in diesem alten Bunker die Millionen gelagert werden. Der Insolvenzverwalter fand Säcke mit Kieselsteinen.
       
       Er will nicht weniger als die Welt retten. „In den Menschen muss das
       unstillbare Verlangen wieder geweckt werden, daran zu glauben, dass wir
       Menschen die Krönung der Schöpfung sind“, steht auf seiner Internetseite,
       und: „Die Menschen der Industrieländer müssen wieder erwachen aus ihrer
       derzeitigen Lethargie, in der heute existierenden Konsumgesellschaft, in
       welcher der einzelne Mensch nur noch eine untergeordnete Bedeutung hat und
       ein Großteil aller Entscheidungen durch Industrie, Großkapital, Banker und
       Politiker bestimmt wird.“ Er selbst müsste eigentlich Milliardär sein, sagt
       er, wenn es mit rechten Dingen zuginge auf dieser Welt. Die Kammer am
       Landgericht Bremen, die gegen ihn wegen diverser Betrügereien verhandelt,
       sprach ihn mit „Manfred Gläser“ an. Eigentlich sei er aber „Henry-Isaac
       Lewy“, erklärte er dem Gericht. Sein Milliarden-Erbe liege in der Schweiz.
       
       Aber das ist eine andere Geschichte, die mehrere Seiten füllen würde.
       Kürzer ist die des notorischen Betrügers Manfred Gläser, dessen Erfolg zwei
       schlichte Geheimnisse kennt: Du musst eine große Idee haben, die den
       Menschen sagenhafte Gewinne verspricht. Und du musst Frauen kennen lernen,
       die auf deinen Charme hereinfallen und dir ihr Vermögen anvertrauen.
       
       Gläser, heute 78 Jahre alt, hatte beides. Die große Idee war, teure und
       teurer werdende seltene Edelmetalle als Geldanlage zu horten.
       „Vertausendfacht“ habe sich der Wert seiner Anlagen zwischen 2007 und 2011,
       erklärte Gläser dem Gericht. Er selbst lebt gleichzeitig von einer Rente
       von 320 Euro im Monat – und von seinen Frauen.
       
       Das derzeitige Verfahren geht zurück auf eine Strafanzeige einer Frau D.,
       die Gläser über eine Partnervermittlung kennen gelernt hatte und die ihm
       ihr ganzes Vermögen anvertraut hat, mehr als 200.000 Euro, sagt sie. Nichts
       davon hat sie bis heute zurückbekommen, räumte Gläser gestern vor dem
       Bremer Landgericht ein. Er gründete 2008 mit dem Geld dieser Frau eine
       Firma, die „Stern Metallgesellschaft“, aber da Gläser noch unter
       Führungsaufsicht stand – er hatte 13 Jahre lang wegen einschlägiger
       Betrugsdelikte im Knast gesessen – suchte er sich Strohmänner für diese
       Firmengründung. Eine kleine Angestellte einer Bremer Immobilienfirma, Frau
       W., machte er zur „Aufsichtsratsvorsitzenden“. Erst wollte er nur über sie
       eine Wohnung vermittelt bekommen, dann gleich zusammenziehen. Den Sohn
       dieser Freundin, der bis dahin in einem Call-Center arbeitete, machte er
       zum Geschäftsführer. Ahnung vom Geschäft hatten beide nicht. Frau D. kann
       sich heute noch heftig erregen bei der Vorstellung, dass Gläser mit seiner
       neuen Freundin ihr Geld durchgebracht hat. „Ich war viel zu gutgläubig“,
       sagt sie.
       
       Wie viel Geld da von anderen gutgläubigen Menschen zusammengetragen wurde,
       weiß niemand – es gab nie eine ordentliche Buchhaltung, keine
       Jahresabschlüsse. Der Firmensitz war im Wohnzimmer von Gläser, in einer
       angemieteten Villa in der Kirchbachstraße, und weil er dort die Miete nicht
       bezahlte, flog er nach einer Räumungsklage raus. „Unbekannt verzogen“,
       schrieb die Vermieterin auf einen Zettel und gleich zwei Namen, „Gläser“
       und „Lewy“. Alle, die auf der Suche nach ihrem Geld an diese Adresse
       geraten, sollten damit abgewimmelt werden. Gläser zog ins holsteinische
       Wedel – in die Wohnung einer neuen Freundin.
       
       Aber das Thema „Stern-Metallgesellschaft“ ist nur ein kleiner Teil aus dem
       Komplex, den die Staatsanwaltschaft ermittelt. Wer auf die Internetseite
       von Manfred Gläser („genannt Henry Lewy“) guckt, findet die
       abenteuerlichsten Hinweise auf die andere von Gläser mithilfe von
       Strohmännern gegründete Firma, die „Crystal Consultants International Ltd“.
       Hauptgesellschafter der in London eingetragenen Gesellschaft ist eine Firma
       aus Casablanca, alles gehört Gläser und soll nur die Spuren verwischen.
       Auch bei der Crystal ging es darum, Geldanlegern ihr Geld abzunehmen gegen
       das Versprechen, es in Metallen anzulegen – Silber, Panadium, Indium und
       andere selten klingende Sorten.
       
       Bremen hatte Gläser im Jahre 2007 den Bunker Auf der Muggenburg verkauft,
       in dem die Edelmetalle werbewirksam lagern sollten. Gläser zog als
       Generalbevollmächtigter die Fäden. Seine älteste Tochter Deborah Gläser war
       die Geschäftsführerin, zeitweise war der Verlobte einer anderen Tochter als
       „Prokurist“ beschäftigt.
       
       Mehrfach führten die Leute von Crystal ihre Kunden in den Bunker und
       zeigten, dass dort Säcke lagerten, an denen Schildchen befestigt waren.
       Sicherlich haben hier zeitweise auch Werte gelegen. Wie viel, weiß niemand.
       Und es kam, wie es kommen musste: Nachdem eine ganze Reihe von
       Rückzahlungsforderungen von Kundengeld aufgelaufen waren, meldete Deborah
       Gläser Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter fand keine Spur von
       ordentlicher Buchhaltung und in dem Bunker – Säcke mit Kieselsteinen.
       
       Gläser behauptete jüngst noch auf seiner Internetseite
       [1][www.henry-lewy.de], dass Edelmetalle im Wert von mehreren Millionen
       Euro „mit LKWs eines polnischen Metallhändlers“ abtransportiert worden
       seien. Ohne das Wissen und die Zustimmung seiner Tochter Deborah? Wüst
       beschimpfte und verdächtigte er deren ehemaligen Verlobten.
       
       Überhaupt, liest man diese Internetseite, sieht man den großen Idealisten
       Manfed Gläser umgeben von Menschen, die er am Anfang aussucht und die sich
       dann nach einer gewissen Zeit des Kontaktes mit ihm als Ganoven und
       Betrüger entpuppen. Nur einer steht in der Mitte, aufrecht und das Gute im
       Sinn. Das Motto seiner Internet-Identität stammt von Mahatma Gandhi: „Wer
       Unrecht, das ihm zugefügt wird, schweigend hinnimmt, macht sich
       mitschuldig.“
       
       13 Jun 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.henry-lewy.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Wolschner
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Anlage-Betrug zieht weitere Kreise: Die Spuren führen nach Bremen
       
       Der Anlage-Betrüger Gläser alias "Dagobert" Lewy bittet um Geld auf das
       "Treuhand"-Konto eines Anwaltes, dem ein Prozess wegen groß angelegten
       Immobilien-Betrugs droht
       
   DIR Geldanlagen in edle Rohstoffe: Vom Glück des großen Geldes
       
       Seit Jahren bringen Menschen ihre Ersparnisse nach Bremen in der Hoffnung,
       hier eine sichere Anlageform zu finden. Nun ist die Firma Crystal insolvent
       - das Geld ist weg.
       
   DIR GIER: Geldanlage-Firma abgetaucht
       
       Im Bunker Muggenburg sollten Edelmetalle für Anleger gelagert werden - nun
       ist die Firma Crystal, die das Geld treuhänderisch entgegennahm, einfach
       verschwunden.
       
   DIR Lewy alias Gläser füllt Dagoberts Turm: Der große Schwindel
       
       Im Wohnzimmer seiner Freundin gründete ein 1995 zu acht Jahren Gefängnis
       verurteilter Hochstapler eine große Geldanlagen.-Firma mit dem wohl
       klingenden namen "J. Stern Metallgesellschaft AG". Inzwischen ist der
       Firmensitz in ein "Büro-Office"-Haus mit der Adresse Parkallee verlegt
       worden. Die Kripo ermittelt