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       # taz.de -- Diskussion nach dem Deutschlandspiel: Ein Gomez bleibt ein Gomez
       
       > War das 1:0 gegen Portugal ein holpriger Auftakt? Quatsch. So ist
       > Fußball. Sind zu viele Bayern im Team? Muss Gomez raus? Auch Quatsch. Er
       > ist eine Fachkraft.
       
   IMG Bild: Er hat „aus dem Nichts“ ein Tor gemacht.
       
       BERLIN taz | Das Auftaktspiel eines Turniers gewinnt man 1:0 und spricht
       nicht mehr drüber? Wird gerne gesagt, ist aber falsch. Schließlich geht es
       ja darum, sich über die Fußball-Europameisterschaft die Köpfe heißzureden
       statt nur über die europäische Krise zu schweigen. Und leider muss ja auch
       noch gespielt werden, was hart ist, wenn man – wie der ARD-Kommentator –
       dachte, wir seien schon Europameister.
       
       War das 1:0 gegen Portugal ein holpriger Auftakt? Quatsch. So ist Fußball.
       Jedenfalls, wenn er auf hohem Niveau gespielt wird. Tiefstehender Gegner,
       enge Räume und Fehlervermeidung als erstes Prinzip. Das führte dazu, dass
       Schweinsteiger und Khedira in der Spieleröffnung wenig riskierten. Das
       brachte aber Stabilität, sieht man von Pepes Latten-und-Linienball (45.)
       und der Schlussphase ab.
       
       Boateng war gegen Ronaldo nicht so gut, wie manche denken; der ganze
       Verbund stabilisierte ihn. Lahm war besser, als manche ihn sahen; er nahm
       Nani komplett aus dem Spiel. Und Bundestrainer Joachim Löw signalisierte
       mit der Auswechslung von Mesut Özil, dass er die dysfunktionale Offensive
       eher mit der Zehner- als mit den Sechserpositionen verband.
       
       Kann man am Mittwoch gegen die Niederlande bestehen, für die es dann schon
       um „alles“ geht? Klar, kann man. Die Ausgangsposition hat sich durch deren
       0:1 gegen Dänemark sogar deutlich verbessert. „Die Niederländer müssen nach
       vorn spielen und gewinnen“, sagt Löw. Dieser Zwang – und dazu die gegen die
       Dänen sehr wacklig daherkommende Defensive – ist eine viel bessere
       Voraussetzung für Löws Tempokonterfußball als der übliche tiefstehende
       Gegner.
       
       ## Mehmet Scholl hetzt gegen Gomez
       
       Aber funktioniert das mit dem Bayern-Stürmer Mario Gomez als Spitze? Die
       Populisten haben in diesem Zusammenhang auch schon die nächste Frage
       beantwortet, nämlich, ob nicht zu viele Bayern-Spieler im Team sind?
       Antwort: Auf jeden Fall einer – Gomez. „Ich hatte zwischendrin Angst, dass
       er sich wund gelegen hat, dass man ihn wenden muss“, sagte Mehmet Scholl in
       der ARD.
       
       Dass Gomez trotz eines für ihn schwierig verlaufenden Spiels in der Lage
       war, „aus dem Nichts“ – wie Podolski aus dem Nichts sagte – sein Tor zu
       machen, ist ein Indiz, dass er ein viel besserer Gomez ist als bei den zwei
       Turnieren zuvor. Allerdings ist ein besserer Gomez eben trotzdem ein Gomez,
       und es ist albern, zu sagen, er solle einfach mehr laufen und besser
       mitspielen, dann wäre er noch besser. Gomez ist eine Fachkraft für den
       letzten Offensivball, er kommt erst ins Spiel, wenn alle andere Arbeit
       erledigt ist. Miroslav Klose ist ein Stürmer für den letzten, aber auch für
       den vorletzten oder drittletzten Ball.
       
       Was wollte der Bundestrainer mit dem Einsatz von Gomez statt Klose?
       Vielleicht ist ihm Klose doch nicht bereit genug, und zwar weniger, was
       Fitness angeht als Spielpraxis, die ein entscheidendes Kriterium für ihn
       ist. Löw hat den lang verletzten Innenverteidiger Per Mertesacker in der
       Vorbereitung als Alternative für Hummels getestet, nicht für den
       Stammplatz.
       
       Hummels bringt zusätzliche Dynamik in das deutsche Offensivspiel. Gomez
       bringt Statik. Gegen Portugal sah es so aus, als ob er auch die
       angeschlossenen Offensivspieler – Özil, Müller – schwäche und damit die
       gesamte Variabilität. So dass im Grunde nichts anderes blieb, als ihm einen
       Flugball auf den Schädel zu schicken, um ein Tor hinzubekommen. Grandios,
       wie er das machte. Aber mit Klose ist die Offensive ein fließender Prozess.
       Nach allem, was man über Löw weiß, ist es so: Wenn er den Eindruck hat,
       dass Klose bereit ist, dann wird er Klose bringen.
       
       10 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Unfried
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