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       # taz.de -- Kommentar Piraten: Entmachtet die Macht
       
       > Die Kopplung von Demokratie und Transparenz ist ein banaler Gedanke, an
       > der Umsetzung hapert es trotzdem. Die Piraten sind auf der Suche nach dem
       > guten System.
       
       Nach der Fraktionssitzung am Samstag könnte man die Piraten wieder
       zerreißen: Es ging noch immer nicht um Inhalte, es ging um die Form: um
       transparente, fruchtbare Kommunikation und auch um dazugehörige Techniken.
       
       Aber ist das überhaupt ein Nachteil? Dass die Suche nach geeigneten
       innerparteilichen Strukturen gerade in Deutschland auf so wenig Verständnis
       stößt, ist verwunderlich. Dabei sind die Deutschen doch so stolz auf ihre
       Demokratie, im Glauben, dass ein gutes System besser ist als eine gute
       Macht.
       
       Abgesehen von der Netzpolitik haben Piraten bloß alte Ideen: Ein libertäres
       Bildungssystem, das bedingungslose Grundeinkommen, Entkommerzialisierung
       des öffentlichen Sektors, ja die Transparenz selbst hätte es auch mit
       anderen Parteien geben können. Das ist aber deshalb noch immer aktuell,
       weil Themen ganz offenbar nicht immer das Wichtigste sind. Wenn sich
       Politiker inszenieren, wenn die Gewissensfreiheit der Abgeordneten dem
       Fraktionszwang geopfert wird, geht es nicht um Kompetenzen, sondern um
       Macht.
       
       Weil das Problem ein systemisches ist, machen Piraten Hoffnung. Die
       Kopplung von Demokratie und Transparenz ist ein banaler Gedanke; ihn in der
       eigenen Partei umsetzen zu wollen ist zwar auch nicht neu, allerdings bei
       weitem nicht umgesetzt. Mit der Forderung nach transparenter Politik und
       ihrer Umsetzung in den eigenen Reihen könnten die Piraten der Ausgangspunkt
       einer neuen Kultur werden, die demokratisch ist.
       
       „Entmachtet die Macht und gebt sie dem Inhalt!“, ruft der Verstand. Ohne
       Transparenz unmöglich. Die Piraten verkörpern das, was diesem System fehlt,
       und sind deshalb schon das, was dieses Land braucht.
       
       10 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Maria Arkadieff
       
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