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       # taz.de -- Kolumne B-Note: Geht's noch?
       
       > Keine Emotionen, kaum Drama – Sachlichkeit ist angesagt. Die Italiener
       > machen jetzt plötzlich auf seriös.
       
       Skandalfreudig, skandalträchtig, skandalumwoben: Wieder einmal machen
       Wettskandale und Spielmanipulationen bei der Squadra Azzurra die Runde. Und
       was tun die Italiener? Sie schämen sich nicht, nein, ganz im Gegenteil.
       
       Für sie ist der Skandal ein gutes Omen. Denn vor den Weltmeisterschaften
       1982 und 2006 gab es auch Skandale, und die Italiener holten trotzdem den
       Titel. So viele palle muss man erst mal in der Hose haben: Ruhe bewahren,
       Espresso trinken, gewinnen.
       
       2006 wischte sich noch der damalige Nationaltrainer Marcello Lippi
       öffentlich bei einer Pressekonferenz die Tränen aus dem Gesicht. 2012 geht
       es ganz ohne Emotionen. Der Nationalverteidiger Domenico Criscito wurde
       nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts von
       Spielmanipulationen aus dem Kader gestrichen. Einfach so. Eine schnelle
       Entscheidung, ohne großen Wirbel. Keine Emotionen, sondern Sachlichkeit.
       Geht’s noch?
       
       Die Polizisten haben auch das Trainingslager der italienischen Mannschaft
       durchsucht. Das wirkt sich auf die Azzurri aus, heißt es in der Presse. Es
       ist kein Spaß mehr. Man greift sich nicht gegenseitig an, schiebt sich
       nicht die Schuld zu, und weinen ist auch nicht. Langweilig!
       
       Auch die politische Seite ist seriöser denn je. „Man muss darüber
       nachdenken und abwägen, ob es nicht besser wäre, den Spielbetrieb für zwei
       bis drei Jahre ganz auszusetzen“, sagt Ministerpräsident Mario Monti.
       
       So ernst ist also die Lage? Was ist mit dem Land passiert, in dem
       halbnackte Frauen im Nachmittagsprogramm tanzen, man sich streitet und
       wieder in den Arm nimmt, sich fast in die Fresse haut bei unterschiedlichen
       Meinungen? Wird der Calcio jetzt tugendhaft? Das Schlimmste am Wettskandal
       ist nicht die Tatsache an sich, sondern der Umgang damit. So seriös, kaum
       Drama, keine tränenreichen Entschuldigungen. Enttäuschend!
       
       10 Jun 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Enrico Ippolito
   DIR Enrico Ippolito
       
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